Studium

Nicosia, Zypern - University of Nicosia (UNIC)

Zwischen Straßenrowdys und Strandidylle – Erfahrungsbericht Auslandssemester Zypern

Franziska S., Gesundheitsökonomie M.Sc., 3. Semester, University of Nicosia, Nicosia, Zypern, Wintersemester 2021/22

Schon immer stand für mich fest, dass ich während meines Studiums eine gewisse Zeit im Ausland verbringen möchte, Im besten Fall im Rahmen eines Auslandssemesters, um sowohl Land als auch Leute kennenlernen zu können. Eigentlich hat mich dafür immer Kanada als Wunschland meiner Reise angesprochen, aber aufgrund der Coronasituation entschied ich mich im europäischen Ausland zu bleiben. Da sich die Auswahl an Partnerhochschulen sehr überschaubar gestaltete, fiel die Entscheidung für meinen Erstwunsch schließlich auf Zypern.

Der Bewerbungsprozess zog sich ewig und immer wieder gab es organisatorische Schwierigkeiten, zum Beispiel bei der Auswahl der zu belegenden Module. Das lag wohl vor allem daran, dass vor mir noch niemand aus meinem Studiengang ein Auslandssemester gewagt hatte, da der Studiengang noch nicht sehr lange existierte. Doch letztendlich haben sich alle Probleme geklärt und ich konnte mich ans Koffer packen machen, die für mich eigentlich größte Herausforderung bis dahin. Das Zimmer, das ich während meines Aufenthaltes beziehen würde, fand ich glücklicherweise sehr leicht durch ein Angebot der Partneruniversität in Nicosia und es lag zu Fuß ca. 10 Minuten vom Campus entfernt, was sich als sehr praktisch gestaltete, wenn man Vorlesungen hatte. Unpraktisch war jedoch, wie ich nach meiner Ankunft feststellte, die doch sehr weite Entfernung zum Stadtzentrum.

Die Aufregung vor der bevorstehenden Reise kam erst auf dem Weg zum Flughafen auf. Nach knapp 4 Stunden Flugzeit landete ich schließlich in meiner vorläufigen neuen Heimat und freute mich riesig über das warme Wetter und die mir bevorstehende Zeit. Das Einleben in die neue Umgebung ging relativ schnell, was vor allem an den vielen organisierten Events und dem sonnenreichen Wetter lag. Auch wenn ich mit meiner Unterkunft nicht ganz zufrieden war (im Nachhinein hätte ich lieber in der Nähe des Stadtzentrums gewohnt) fühlte ich mich dort doch relativ wohl.

In der ersten Zeit des Semesters ging ich mit anderen Erasmus Studierenden, die ich auf den vielfältigen Events kennenlernte, oft zum Stand. Es fuhren regelmäßig Busse von Nicosia nach Ayia Napa oder Paphos, wo man in der Sonne brutzeln und deren Untergänge genießen konnte. In die Uni musste ich aufgrund meiner nur zwei Module jeden Montag-, und Donnerstagabend von 18:00 bis um 21:00. An die späten Vorlesungszeiten musste sich mein Gehirn wie auch mein Körper erstmal gewöhnen. Aber nach einer Zeit war weder die Uhrzeit noch das Folgen der Vorlesungsinhalte in englischer Sprache mehr ein Problem. Über das Semester verteilt standen immer mal wieder Essay Abgaben, Vorträge oder Gruppenarbeiten an. Am Ende des Semesters folgten die Abschlussprüfungen von 18:30 bis 22:30, ebenfalls sehr gewöhnungsbedürftige Zeiten.

Die Abende unter der Woche verbrachte ich meistens bei besagten Events, die sich von Bierpong-Turnieren über internationale Dinner und Sushi-Nights bis hin zu ausgelassenen open bar Partys erstreckten. Aber auch entspannte Kochabende oder Restaurantbesuche mit typisch griechischem Essen standen öfter auf dem Plan. Doch durch all die neuen Menschen und Eindrücke wie auch die späten Vorlesungen, brauchte ich ab und zu auch mal einen ruhigen Abend nur für mich und meine Lieblingsserie. An Wochenenden machten wir häufiger Ausflüge, um das Land zu erkunden, mieteten ein Auto oder nahmen an Gruppenexkursionen teil. Zwei größere Reisen unternahmen wir nach Jordanien und Athen. Ein besonderes Highlight stellen auch die Boot Partys dar, bei denen man ausgelassen tanzen, trinken und vom Boot aus ins Wasser springen konnte.

Die Teilung des Landes wie auch der Stadt, im Süden zu Griechenland gehörig und im Norden von der Türkei besetzt, machte sich auch im Alltag bemerkbar. Da sich meine Unterkunft in direkter Grenznähe befand, sah ich öfter Soldaten herumlaufen. Wenn man vom Süden in den Norden reisen möchte, oder umgekehrt, muss man zudem eine Grenzkontrolle passieren, die sich direkt in der Mitte des Stadtzentrums befindet. Dafür musste man seinen Ausweis, den Safe Pass sowie zweitweise auch einen negativen Schnelltest vorzeigen. Einmal auf der besetzten Seite, änderte sich schlagartig alles. Die Preise sanken enorm, besonders für Essen und Getränke. So überquerten wir manchmal die Grenze, um nach ausgiebigen griechischen Schlemmereinen auf der griechischen Seite ein wenig Geld zu sparen.

Vor meinem Aufenthalt versuchte ich noch mithilfe von Duolingo etwas griechisch zu lernen. Nach ein paar Tagen auf Zypern merkte ich jedoch, das englisch völlig ausreichend war, da ich die meiste Zeit eh mit anderen Erasmus Studierenden verbrachte. Die Zyprioten, die ich in der Uni kennenlernte, waren all sehr offen und sympathisch, was ich von anderen Einheimischen weniger behaupten kann. Vielleicht lag es an mir, aber ich hatte öfter als mir lieb war Begegnungen mit eher aggressiven und unfreundlichen Zyprioten. Vor allem auf der Straße war mit ihnen nicht zu spaßen. Da die Altstadt so weit entfernt von meiner Wohnung war, habe ich mir ein Fahrrad gekauft. Tipp: tut das nicht, meins wurde nach gerade einmal 3 Wochen geklaut. Außerdem begegnete ich täglich mehrfach der Angst um mein eigenes Leben, weil die Zyprioten rein gar nichts auf gängige Verkehrsregeln geben und Fahrradfahrer eher mit Dosen bewerfen als ihnen eine sichere Fahrt zu ermöglichen. Auch der Linksverkehr war anfangs eine Umstellung. Busse gibt es leider auch nur sehr wenige und nur bis ca. um 21:30 abends an Wochentagen. An Wochenenden fährt schon Ab !8:00 kein Bus mehr. Also musste nach dem feiern auch öfter mal ein Bolt (Taxi über die grüne Bolt App) bestellt werden. Am Ende bin ich aber zum Glück immer heil wieder nach Hause gekommen.

Mein Fazit dieses Auslandssemesters ist auf jeden Fall, dass jeder mindestens einmal in seiner Studienzeit im Ausland studieren sollte. Man lernt unglaublich viele neue Leute, Kulturen und letztlich auch sich selbst besser kennen. Die Sonne Zyperns lässt sich, gerade wenn in Deutschland graues und kaltes Wetter einzieht, wunderbar genießen und auch das Partyanimal in dir wird hier sicherlich nicht zu kurz kommen. Auch wenn es bis dahin sicherlich einige Hürden zu überwinden gilt, kann ich jedem nur wärmstens empfehlen, sein Glück zu versuchen und eine abenteuerliche und unvergessliche Zeit zu erleben.