Studium

Litauen - Vilnius Gediminas Technikos Universitetas

Wo gehst du nochmal hin? Nach Russland?

Liz F., Internationales Wirtschaftsingenieurwesen, 7. Semester, Vilnius Gediminas Technikos Universitetas, Litauen, Wintersemester 2019/2020

Vor der Abreise

Litauen war natürlich nicht mein erster Gedanke, als ich auf der Suche nach einem Zielland für mein Auslandssemester war. Nach kurzer Zeit stand jedoch schnell fest, dass ich in ein Land wollte, das man im Urlaub normalerweise nicht bereisen würde. Durch die Liste der Partnerhochschulen bin ich auf die Vilnius Gediminas Technikos Universitetas aufmerksam geworden, weil hier sehr viele Fächer im Fachbereich Maschinenbau und auch Wirtschaft auf English angeboten werden. Von Vilnius hatte ich vorher nicht viel gehört, aber genau das machte für mich den Reiz aus. Im Bewerbungsprozess an der Universität musste ich lediglich einige Unterlagen und ein Motivationsschreiben einreichen und einen Tag später habe ich direkt meinen Letter of Acceptance erhalten. Zwei Monate vor Semesterstart begann die Registrierung für das Wohnheim, welches direkt an der Uni liegt und unschlagbar günstig (ca. 150€/Monat) ist. Allerdings teilt man sich ein kleines Zimmer mit einer anderen (gleichgeschlechtlichen) Person. Meine Freunde aus dem Wohnheim haben sich allerdings kaum beschwert. Ich habe mich bereits vor Abreise für ein WG-Zimmer entschieden, welches etwa 20 Minuten vom Hauptcampus (Fakultät Wirtschaft) und 15 Minuten von der Altstadt, wo die Fakultät für Maschinenbau ist, entschieden. Die Miete lag mit 330€ für litauische Verhältnisse zwar recht hoch, allerdings war die Wohnung auch sehr schön eingerichtet und nah an der Altstadt. Bei den Internet-Anzeigen sollte man allerdings darauf achten, dass man nicht von unseriösen Kontakten über den Tisch gezogen wird. Am besten ist es, wenn man Leute anschreibt, die bereits in Vilnius studiert haben, und hilfreiche Tipps und Kontakte vermitteln können

Außerdem macht es Sinn, seinen ISIC-Ausweis (Internationaler Studentenausweis) bereits vor Abflug zu beantragen, damit man ihn direkt am ersten Einführungstag an der VGTU abholen und für diverse Vergünstigungen nutzen kann. Dazu zählt vor allem das Bus-Monatsticket, welches man mit der ISIC für lediglich 5,80€ (anstatt 29€) bekommt. Dieses kann man sich in Litauen übrigens ganz einfach über eine App namens Trafi kaufen, die einem auch direkt alle Busverbindungen und Routen der Busse in Echtzeit anzeigt.

Die ersten Tage und das Studium

Meine Anreise nach Vilnius habe ich mit Bus und Bahn mit einem kleinen Umweg über Warschau gemacht. Von Warschau aus bin ich sehr günstig mit dem Bus nach Vilnius gefahren, was etwa 9 Stunden gedauert hat. In Vilnius angekommen, wurde ich von meinem Mentor, der sich bereits einige Wochen vorher bei mir gemeldet hat und mir das ganze Semester bei Fragen zu Seite stand, abgeholt. In der Woche vor Semesterbeginn gab es eine Orientation Week, in der es Vorträge zum Studium, dem Alltag, Sprache und auch über öffentliche Verkehrsmittel gab. Darüber hinaus fand der erste Cultural Evening zum Thema Litauen, eine Welcome Party und ein Trip nach Trakai (ein nahegelegenes Schloss) statt. Es gab also sehr viele Möglichkeiten, neue Freunde kennenzulernen und es wurde wirklich nie langweilig oder einsam!

Als die Vorlesungen begannen, haben sich im Endeffekt fast Kurse, die ich im Learning Agreement angegebenen habe, geändert. Das lag vor allem daran, dass Kurse entweder nicht auf Englisch angeboten wurden, gar nicht zustande kamen, sich zeitlich mit anderen Kursen überlappten oder mir der Kurs einfach nicht gefiel. In den ersten drei Vorlesungswochen hatte man allerdings Zeit dazu, seine Kurse zu ändern und man hatte genügend Zeit in alle in Frage kommenden Kurse reinzuschnuppern. Das war etwas aufwändiger, da man aus einer großen Liste sowohl Bachelor- als auch Masterkurse aus verschiedenen Fachbereichen wählen konnte und dabei selbst darauf achten musste, dass sich diese nicht zeitlich überlappen. Schlussendlich habe ich hauptsächlich Bachelorkurse an der Wirtschaftsfakultät belegt und nur einen Masterkurs an der Fakultät für Maschinenbau, was für mich die richtige Entscheidung war, da alle Masterkurse immer zwischen 18 – 21:30 Uhr stattfinden.

Neben den organisatorischen Schwierigkeiten stellte sich das Englisch-Niveau der Dozenten nicht als sonderlich gut heraus, sodass sich mein Englisch meiner Meinung nach nicht verbessert hat. Die Termine für Präsentationen, Mid-Terms, Hausarbeiten und Examen wurden von jedem Professor allein gewählt, konnten so jedoch individuell angepasst werden. Die Termine für die Examen im Dezember/Januar wurden erst im November festgelegt und konnten ebenfalls mit dem Dozenten abgesprochen werden und wenn man im Januar nicht mehr nach Vilnius kommen wollte, hätte man mit etwas mehr Aufwand alle Klausuren in die letzte Vorlesungswoche vor Weihnachten legen können. Da an den englischsprachigen Kursen überwiegend Erasmus-Studenten teilnahmen, waren die Kurse verhältnismäßig klein und man musste während des Semesters einige Präsentationen halten, die immer sehr gut bewertet wurden. Das gleiche galt für die Hausarbeiten, Midterms und die Finals. Wichtig war es nur, die Abgaben und Präsentationen während des Semesters einzuhalten, da man durch diese in der Regel bereits 60 Prozent seiner Note erreichen kann.

Besonders gefreut habe ich mich darüber, dass man aus diverse Sportkurse wählen konnte und zusätzlich auch einen Litauisch-Kurs hätte belegen konnte, für die man jeweils 3 ECTS erhalten konnte. Ich habe jedoch nur einen TRX-Sportskurs belegt, an dem man mindestens 20 Mal teilnehmen musste, wenn man sich Credits dafür anrechnen lassen wollte. Es wurden aber noch viele weitere Sportarten wie zum Beispiel FitBox, Body Design, Volleyball, Basketball, Weight angeboten.

Freizeit

Vilnius bietet jede Menge Freizeit- und Reisemöglichkeiten. Bei einem Auslandssemester ab August sollte man am besten direkt zu Beginn ein paar Orte bereisen, da das Wetter dann mit etwas Glück noch sehr warm und in der Uni noch nicht so viel los ist. Die Erasmus-Organisation ESN bietet recht günstig viele Aktivitäten an: Regelmäßige Cultural Evenings, Pub Crawls, Ice Skating, Erasmus-Partys, Reisen in litauische Städte, nach Russland und Lappland (letztere ist sehr zu empfehlen!).

Für die Reisen innerhalb des Baltikums empfehle ich besonders, mit einem Reisebus zu fahren, mit denen ich sehr günstig nach Kaunas, Klaipeda, Nida und Tallinn gereist bin. Hier benötigt man für die Vergünstigungen unbedingt seinen ISIC- Ausweis!

Vilnius bietet viele Freizeitmöglichkeiten, wie man sie auch in anderen Großstätten finden kann. Im Sommer wird natürlich sehr viel Zeit in Parks und an Seen verbracht und wer, doch lieber Zeit in der Altstadt verbringen möchte, findet man an wirklich jeder Ecke süße (und meist günstige) Lokale und Cafés. Generell ist die Café-Kultur hier sehr ausgeprägt und da diese auch zum Lernen und Arbeiten genutzt werden sind sie immer sehr belebt und natürlich mit sehr gutem WLAN ausgestattet. So haben wir es uns dort auch zur Aufgabe gemacht, möglichst viele hippe Restaurants und Cafés zu testen. Außerdem kann man unter anderem gut und günstig Feiern gehen, Billard spielen oder Kanu fahren und für 20€ bekommt man bei der Fitnessstudio-Kette „Gym +“ einen Basis-Monatsvertrag.

Fazit

Insgesamt habe ich mit dem Auslandssemester in Vilnius für mich definitiv die richtige Entscheidung getroffen. Die Litauer selbst sind zwar kein allzu herzliches und gut gelauntes Volk, aber trotzdem habe ich mich hier sehr wohl gefühlt und einige liebe Freunde und zahlreiche Erfahrungen gewonnen. Ich würde es jedem empfehlen, der sein Auslandssemester in einem Land verbringen möchte, welches nicht das typische Urlaubsland ist, der etwas Neues kennenlernen möchte und der keine Angst vor einem kleinen Kulturschock hat und bereit ist, sich auf etwas Unbekanntes einzulassen.