Wo bist du nochmal genau??? Litauen – unterschätzt, grün & historisch wertvoll

Ann-Charlott J., Leisure & Tourism Management, 6. Semester, ISM University of Management & Economics, Sommersemester 2021

Wie alles begann…

Schon früh stand für mich fest, dass ich meinen Auslandsaufenthalt in Roskilde (Dänemark) verbringen möchte! Die skandinavische Lebensweise fasziniert mich schon immer und ein Studium nahe der Hauptstadt Kopenhagen ist mein Traum. Ich habe einen Platz bekommen, mir Kurse aussuchen können und mich bei der ausländischen Universität einschreiben wollen, doch dann kam die Absage. Durch Corona war eine Einreise nicht möglich. So schnell können Träume also platzen. Das Angebot, den Aufenthalt möglicherweise um ein Semester zu verschieben, nahm ich dankend an, gleichzeitig wollte ich in dieser ungewissen Zeit mehr Optionen haben. Meine beste Freundin Paula hatte ihr Auge auf Litauen geworfen und so bewarb ich mich in letzter Sekunde auf einen Restplatz an der ISM University in der Hauptstadt Vilnius. Ehrlich gesagt wusste ich zu diesem Zeitpunkt nicht einmal, wo genau im Baltikum dieses Land liegt. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Im Dezember 2020 hatte ich plötzlich zwei Angebote in meinem Postfach: Dänemark, mein absoluter Traum, aber mit der Möglichkeit, dass eine Einreise erneut nicht erlaubt sein wird oder Litauen, ein Land, über welches ich erschreckend wenig weiß, welches ich aber gemeinsam mit meiner besten Freundin erkunden könnte. Ich glaube, meine Entscheidung liegt auf der Hand. (Disclaimer: eine Einreise ins Nachbarland wäre im Februar 2021 tatsächlich noch nicht möglich gewesen. Alles richtig gemacht also!)

ISM wir kommen!

Vor meiner Abreise war ich unfassbar aufgeregt. Durch die anhaltende Pandemie gab es viel zu beachten. Anfang Februar machten wir uns dann auf den Weg nach Litauen. Die Fähre fuhr von Kiel nach Klaipėda und wir waren 19 Stunden auf dem Wasser. Wenn du eine Reise in das Baltikum planst, kann ich dir diese Art des Transports wärmstens empfehlen! Auf den DFDS Fähren gibt es Ruhesitze. Für etwas mehr Komfort können auch Kabinen gebucht werden.

Die Mitarbeitenden im International Office der ISM University waren immer zur Stelle und haben bei der Einschreibung und Stundenplanerstellung geholfen. So habe ich fünf spannende Kurse gefunden, die ich mir in Stralsund anrechnen lassen kann (Digital Marketing, Leadership, Advertising & Promotion, Financial Management, Knowledge Management). Die Universität in Vilnius ist privat und die Kurse werden an aktuellen Themen praxisorientiert und in englischer Sprache gelehrt. Das Semester startete mit einer Welcome Week, bei der wir die Chance hatten, mehr über die Uni, das ESN Netzwerk, die litauische Sprache und Kultur zu lernen. Aufgrund der anhaltenden Pandemie wurden jegliche (Lehr-)Veranstaltungen via MS Teams abgehalten.

Anders als in Stralsund wurden Mid-term Exams durchgeführt und auch während des Semesters mussten viele Abgaben eingereicht werden, die in die Endbenotung einfließen. Durch das stetige „am Ball“ bleiben und Noten sammeln, war ich immer höchst motiviert. Das Semester war zwar einerseits das stressigste in meiner gesamten Studienzeit, andererseits habe ich unfassbar viel gelernt und super Leistungen erbringen können.

Wo & wie wollen wir wohnen?

Nach 5 Semestern in Holzhausen stellten wir fest, dass wir relativ geringe Ansprüche haben. Da die ISM University über kein eigenes Wohnheim verfügt, wurde uns der Aufenthalt in einem Hostel nahegelegt. Zunächst waren wir skeptisch doch die Website des Downtown Forest Hostel & Camping überzeugte mit Charme, Natur und stilvoller Einrichtung – ich nenne es gerne einen Hipster-Heaven. So buchten wir zwei kleine seperate Zimmer und, für die ersten zwei Wochen nach Ankunft, unseren eigenen „Quarantänepalast“ (Doppelzimmer mit Bad & Küche). Das Hostel liegt im neuen, modernen Stadtteil Paupys direkt neben Uzupis – dem Künstler*Innenviertel. Der Hinterhof war wunderschön und so wurde die Online-Vorlesung oftmals draußen im Grünen abgehalten. Das Leben in einem Hostel ist nicht sonderlich komfortabel und Privatsphäre fällt eher gering aus, aber es wird eben auch nie langweilig.

Let’s explore Vilnius!

Litauens Hauptstadt ist modern, hip, grün, historisch wertvoll und definitiv unterschätzt. Kurz gesagt: die Stadt hat mich vom ersten Moment an begeistert! Alles ist fußläufig erreichbar und es dauert nicht lange, bis man einen guten Überblick hat und sich selbst wie eine Einheimische fühlt. In der Freizeit haben wir die Stadt erkundet, bei Humana (die Läden sind über die ganze Stadt verteilt) Second-Hand Mode gekauft, Café getrunken, Museen besucht (der Palace of the Grand Dukes, die National Gallery of Art und das Museum der Illusionen sind toll; das Museum of Applied Art and Design kann ich nicht empfehlen), Sonnenuntergänge bestaunt oder waren wandern. Die Wälder, der Skulpturenpark im Norden von Vilnius, als auch die nahegelegenen Städte Trakai und Kaunas haben mich begeistert. Fausta, eine Studierende der ISM und mein Buddy, war oftmals dabei und hat uns mit Hintergrundgeschichten versorgt. Ich würde jedem ans Herz legen, das Angebot eines Buddy Programmes anzunehmen.

Meine Kenntnisse von einfachen, litauischen Gesprächsfloskeln plus Englisch haben in Vilnius meistens ausgereicht. Manchmal habe ich mir gewünscht, auch des Russischen mächtig zu sein, einfach weil besonders die ältere Bevölkerung mit der englischen Sprache nicht vertraut ist. So habe ich mich in den litauischen Postfilialen leider schwer bis gar nicht verständigen können.

Was mir besonders aufgefallen ist: Litauer*Innen sind äußerst patriotisch. Ich bin schon immer ein großer Fan des Eurovision Song Contests gewesen, doch hier in Vilnius wurde die Vorfreude noch einmal intensiviert. Die Stadt wurde nämlich bereits Wochen vorher dekoriert und der Song „Discoteque“ von The Roop spielte im Radio rauf und runter. Die Menschen tanzten die Choreografie und waren sichtlich stolz auf ihren Beitrag. Leider hat Litauen den ESC nicht gewonnen. Trotzdem wurde mir bewusst, auch in Anbetracht der beiden Unabhängigkeitstage, die hier groß gefeiert werden, wie sehr die litauische Bevölkerung ihr Land liebt.

Nach dem Semester haben wir die Küste rund um Klaipėda erkundet. Falls du eines Tages nach Litauen kommst, solltest du dir eine Fahrradtour auf der Kurischen Nehrung nicht entgehen lassen. Ich habe selten einen so magischen Ort besucht.

Abschließend bleibt zu sagen,…

… dass sich Litauen als perfekte Erasmus-Destination herausgestellt hat und ich einen Aufenthalt, besonders an der ISM University, zu 100% empfehlen würde! Es gibt keinen Ort, an dem ich lieber gewesen wäre – nicht einmal Dänemark. Lustigerweise wurde ich immer wieder gefragt, wo ich denn eigentlich nochmal genau sei. Mein Buddy Fausta hat es ganz gut beschrieben: wenige Menschen haben Litauen auf dem Zettel. Genau deshalb braucht es Leute, die hierherreisen, sich ein Bild machen, begeistern lassen und zurück in der Heimat die Werbetrommel rühren. Ich bin in den letzten 5 Monaten definitiv Litauen-Ambassadorin geworden. Komm auch du her und lass dich von diesem beeindruckenden Land überzeugen!