Lockdown, Lehre und "The Shining"

Ein VW-Käfer fährt durch eine einsame Gegend in der Bergwelt Colorados. Es ist Herbst, und die Landschaft ist karg. Das Ziel seiner Insassen - Vater, Mutter und ein Kind im Alter von etwa 10 Jahren - ist ein Hotel, das während der Wintermonate schließt. Der Vater hat einen Job als Hausmeister angenommen und soll während der eisigen und verschneiten Wintermonate in dem leer stehenden Hotel nach dem Rechten sehen.

So beginnt der von Stanley Kubrick im Jahre 1980 inszenierte Horror-Klassiker „The Shining“ nach einer Romanvorlage von Stephen King. Jack Nicholson ist in der Hauptrolle eines allmählich irrsinnig werdenden Schriftstellers zu sehen, dem die Einsamkeit zu schaffen macht. 

Wie komme ich darauf? Neulich spazierte ich in Düsseldorf entlang des Rheinufers. Nach einer intensiven Woche mit Online-Vorlesungen und Video-Konferenzen brauchte ich Licht, Luft und etwas Abwechslung. Nicht immer nur auf den Monitor und in die Webcam starren! Da sah ich dieses Poster, das ein Künstler an eine Wand am Rheinufer klebte. So etwa sah Jack Nicholson in dem Film aus. Das Bild trug den Titel »Home Office«.

 
Seit März ist Präsenzlehre nur eingeschränkt möglich. In den letzten Wochen gar nicht mehr. Wieder einmal Lockdown. Um unser aller Gesundheit willen ist das vernünftig. Dennoch verlangt diese neue Form des virtuellen Arbeitens uns allen - Professoren und Studenten - eine ganze Menge ab. Gerade die so wichtige Interaktion mit Studierenden, also Diskussion von Theorien und Konzepten, der Austausch von Meinungen und Erkenntnissen, macht das Wesen einer Hochschule aus. Zum Glück haben  wir heute das Internet und damit die Möglichkeit, aus der Isolation des Arbeitszimmers mit der Aussenwelt in Kontakt  zu treten. Als ich mein Studium in den frühen 1980er Jahren aufnahm, wäre diese Form des Studiums undenkbar gewesen. Kein Internet und erst recht kein Zoom, Webex, GotoMeet, Skype, Facetime. Bei einem Lockdown zu meiner Studienzeit hätte es keinerlei Interaktion zwischen Profs und Studis gegeben. Das Studium hätte sich wahrscheinlich auf eine Auseinandersetzung mit Fachbüchern reduziert - was im Grunde gar nicht mal so schlecht wäre. Heute wird - so empfinde ich es - zu wenig gelesen und zu schnell mal im Internet nach schnellen Antworten gesucht. Die eigene Meinungsbildung bleibt dabei schnell auf der Strecke.
 
Zurück zum Thema: Ich bin froh, dass sich unsere Studis während des Lockdown mit viel Initiative und Disziplin in die Lehrveranstaltungen einbringen. Das erleichtert die Arbeit der Online-Lehre und lässt uns alle unsere Arbeit professionell machen. Was will ich damit sagen? Das Semester war bislang anstrengend, kein Zweifel. Aber dank der Mitarbeit unserer Studis zeichnet sich der „Lockdown-Shining-Effekt“ durch Online-Lehre nicht ab. Wir alle werden über die Feiertage wieder Energie tanken. Vielleicht machen Sie es sich auf dem Sofa gemütlich und schauen sich einen Film aus den 1980er Jahren an? Mein Musik-Streaming-Dienst spielt gerade Alice Cooper’s „School’s Out“. Das nehme ich nun wörtlich. Ich wünsche Ihnen eine erholsame Winterpause, ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch. Wir sehen und hören uns wieder Anfang Januar. Herzliche Grüße aus dem "real Home Office".

Bleiben Sie gesund!