Studium

Spanien - Ostelea Tourism Management School

Heiß ersehnt 
Mein Auslandssemester in Barcelona 

Pia M. Leisure and Tourism Management, 6. Semester, Spanien, Universitat de Lleida, EAE Business School, Ostelea Tourism Management School, Sommersemester 2022

Wo soll ich bloß anfangen? 
Die Frage, vor der vermutlich jeder steht, der ein Auslandssemester plant. Dass mich mein Weg ins Ausland führen würde, stand für mich schon immer fest und wurde mit Beginn meines LTM Studiums gleich zu einem konkreten Abschnitt meines Studiums, dem ich über 5 Semester entgegengefiebert habe. Doch wohin sollte die Reise gehen? Was war möglich und was traute ich mir - ohne Vorerfahrungen zum Leben im Ausland- zu? Was für ein Abenteuer suchte ich und was galt es zu beachten? Mein Wunsch, meine neu erworbenen Spanischkenntnisse anzuwenden und in eine gemeinschaftsorientierte Kultur des Lebens und Studierens an einer renommierten privaten Universität kennenzulernen, ohne die viel geschätzte familiäre Studienatmosphäre aus Stralsund aufgeben zu müssen, hat mir die Wahl letztendlich leichtgemacht: Spanien würde mein Ziel sein und die positiven Bewertungen der Ostelea Tourism Management School in Barcelona (Teil der EAE Business der Universitat de Lleida) versprachen ein Semester voller Vielfalt und Abwechslung; sowohl in den Studieninhalten als auch in der Stadt und Kultur. 

Ein Stück Heimat im Ausland  
Ein Uni- oder Studenten-Gremium, dass für die Betreuung von Austauschstudenten zuständig ist, gibt es an der Ostelea leider nicht. Da die Tourismusstudenten zudem ausgelagert vom Bachelor Campus in Sants in einem modernen Bürogebäude in L’Hospitalet der Llobregat (ca. 30 min außerhalb von Barcelona gelegen, aber mit der Metrostation „Rambla Just Oliveiras“ der L1 gut angebunden) studieren, war auch der Kontakt und Erfahrungsaustausch mit weiteren ERASMUS Studenten anderer Studiengänge auf dem Campus oder durch universitätsübergreifende Veranstaltungen außerhalb der Kurse eher schwierig. 
So habe ich zwar ein paar neue Leute auf den wenigen ERASMUS Partys und der externen Welcome-Treasure Hunt durch das Barr Gòtic in der ersten Woche kennengelernt, an denen ich teilgenommen habe, doch die wahren Freundschaften sind über das Semester hinweg an der Ostelea entstanden. Zwar kannte ich bereits zwei Kommilitoninnen aus Stralsund, doch war es mir wichtig, aktiv den Kontakt zu anderen Austauschstudierenden zu pflegen. Da die einheimischen spanischen Studierenden in ihrem 3. Jahr größtenteils selbst im Auslandssemester waren, war meine Studienwelt trotz kleiner Kursgröße von 7-20 Teilnehmern sehr international; von den Niederlanden und Italien, über Finnland, Schweden und der Ukraine, bis Vietnam, Argentinien und Mexico waren die verschiedensten Nationalitäten vertreten und haben das Unileben durch verschiedenste Perspektiven enorm bereichert.   
Umso glücklicher war ich daher allerdings über die Möglichkeit, die spanisch-katalanische Kultur durch meine Unterkunft bei einer einheimischen Gastfamilie aus der Innenperspektive kennenlernen zu können. Obwohl die Uni in Ermangelung eines eigenen Wohnheims im November 2021 eine Liste mit Links zu Unterkünften und spanischen Wohnungsplattformen bereitgestellt habe, habe ich mein Zimmer mit eigenem Balkon und Bad im schönen Stadtteil Gràcia bereits im September 2021 privat über WG gefunden. 
Die 440 Euro Warmmiete lagen zwar etwas über dem durchschnittlichen Preis, doch waren die Lebenshaltungskosten - entgegen der Erwartungen gegenüber der teuersten Stadt Spaniens - kaum teurer in Deutschland und durch die Stipendien zu 75% abgedeckt und waren die unbezahlbare Erfahrung wert, bei einer Familie zu leben, bei der ich meine Spanischkenntnisse (wir haben untereinander Castellano, aber manchmal sogar ein bisschen Deutsch gesprochen) jeden Tag anwenden konnte und die mich trotz einiger privater Umbrüche und Komplikationen stets mit Herzlichkeit und Gastfreundschaft bei sich aufgenommen somit ein kleines Stück Zuhause geboten hat. 

In den Straßen der Kultur auf der Spur 
Viel wusste ich über Barcelona und die Besonderheiten der katalanischen Kultur nicht, doch habe ich die beiden Wochen vor Beginn der Vorlesungen am 14. Februar dazu genutzt, um mich mit offenen Augen und Ohren treiben zu lassen und jeden Winkel der Stadt zu Fuß zu erkunden. Die einzigartige Kombination aus Bergen, Mittelmeer und Stadtleben, in einer multikulturellen Metropole mit besonderem Nationalstolz, antiken Wurzeln und einem dynamischen, weltoffenen, Olympia Legacy-Spirit, mittelalterlichen neben hochmodernen Stadtvierteln und den verschiedensten Formen der Kunst von Architektur bis Street Art und von großen Namen wie Picasso, Gaudí und Miró und zu spontanen Newcomer Performances an jeder Ecke der Stadt haben mich immer wieder neu fasziniert. Von jeden meiner Streifzüge durch die verschiedenen Stadtviertel Barcelonas bin ich mit neuen Eindrücken und Erkenntnissen zurückgekehrt, die ich in meinem Papier- und Videotagebuch festgehalten habe und auf deren Durchsicht ich mich immer wieder freue. Neben den Besichtigungen der Must Sees in Barcelona wie der Sagrada Familia, der Rambla, dem Parc Güell und dem Montjüic, habe ich die Wochenenden genutzt, um Exkursionen in die umliegenden Orte zu machen. Den Strand von Castelldefels, das Kloster vom Montserrat, die Gassen von Tarragona oder den Carnival in Sitges oder das Flower Fest im mittlelalterlichen Girona sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen. Auch die traditionellen regionalen Feierlichkeiten zu Santa Eulàlia, Sant Jordí und Sant Joan waren ein besonderes Highlight für mich. 
Im Meer bin ich dennoch leider seltener gewesen, als erhofft. Das nasseste und kälteste Frühjahr seit 1968 zu Beginn des Semesters wurde pünktlich zur Prüfungsphase vom heißesten Juni seit Jahren abgelöst, was einiges an Disziplin gefordert hat. 

Viva la vida loca - Uni (un)typisch spanisch
Meine anfängliche Sorge, ob ich den Kursen, die ich freiwillig nicht in Englisch, sondern in Spanisch belegte, folgen könnte, blieb nach nur 5 Semestern Spanischunterricht an der HOST völlig unbegründet. Aber das Arbeitspensum an der Ostelea war tatsächlich höher als an der Hochschule in Stralsund. Obwohl ich „nur“ 5 Kurse mit einem Äquivalent von 30 ECTS Punkten belegt habe, hat die kontinuierliche Evaluation viel Zeit eingefordert. So habe ich zusätzlich zu den Mid-Term und den Final Exams über das Semester hinweg mehrere Ausarbeitungen und kurze Essays eingereicht, in jedem Fach mindestens eine Einzelleistung in Form einer Präsentation oder einem Academic Review erbracht und mindestens ein größeres Gruppenarbeiten ausgearbeitet und anschließend vor dem Kurs präsentiert und einige praktische Projekte realisiert. 
Doch die Studieninhalte waren stets qualitativ, interessant und haben mich durch einen starken Aktualitäts- und Praxisbezug entscheidend weitergebracht. Das breite Methodenspektrum (von Videos, über Panel Discussions und verschiedenen sehr interessanten Field Trips innerhalb von Barcelona, bis hin zur Arbeit mit verschiedenen kostenlosen Online Tools und Plattformen zur Erstellung meiner eigenen App, Karrierewebsite und dem Aufbau meiner eigenen Social Media Marke) hat mir besonders gut gefallen und hat mir geholfen, wertvolle neue Kompetenzen in meinen Schwerpunkten im Bereich Digital Marketing und Sustainability zu entwickeln. 
Die Koordination all dieser Projekte und verschiedenen Prüfungsleistungen dabei nicht immer einfach.  Da ich sowohl Kurse aus dem 2. als auch dem 3. Lehrjahr der Ostelea belegt habe und es daher wie bei allen Austauschstudenten zu zeitlichen Überschneidungen im Stundenplan und letztendlich auch während der Prüfungsphase kam, und auch die allgemeine Kommunikation zwischen Uni und Dozenten an der Ostelea schleppend verlief, kam es an einigen Stellen zu sehr spontanen Änderungen der Lehrinhalte und musste ich Kurse im Semester im wöchentlichen Wechsel besuchen und mehrere Prüfungen unmittelbar hintereinander schreiben. 
All dies war natürlich mit zusätzlicher Unsicherheit und Stress verbunden. Doch war es mir dennoch möglich, auch Weiterbildungsmöglichkeiten außerhalb der Kurse wahrzunehmen. Die Teilnahme an der ITB Berlin beispielsweise und an der Exkursion in den Norden Portugals von Spanien aus zählen zu den Highlights meines Auslandssemesters. 

5 Monate in 3 abschließenden Sätzen: 
Anders als erwartet. Mehr gelernt als bewusst. Besser als erhofft.  
Letztendlich ist es unmöglich, all die Erfahrungen und Dinge, die ich in meinem Auslandssemester in Barcelona gesammelt und gelernt habe, in Worte zu fassen. Ich habe immer zu den Menschen gezählt, die liebend gerne planen und wissen, was auf sie zukommt und wissen wollen, was es zu erleben gibt, um bloß nichts zu verpassen. Rückblickend waren es aber meist die ungeahnten, zufälligen Begegnungen und unverhofften Entwicklungen, die für mich am wertvollsten und spannendsten waren. Meine Zeit in Spanien war mein erstes großes Abenteuer, das mir sowohl meine persönlichen Grenzen und meine eigene kulturelle Prägung aufgezeigt hat, und mich gleichzeitig darin bestärkt hat, dass es genau dieses Spiel ist, jedes noch so alltägliche Element des Lebens mit anderen Augen zu betrachten, zu hinterfragen und neu zu entdecken, das ich mir in meinem privaten und beruflichen Leben wünsche.
Mein erstes Auslandssemester in Barcelona wird daher sicher nicht das letzte gewesen sein, sondern hat mich neugierig gemacht, mich auf mich selbst zu besinnen und dann mit neuer Energie ein neues Reiseziel anzusteuern. Jeder/m Studierenden, der/ die also ein Auslandssemester in Barcelona absolvieren will, kann ich nur in diesem Vorhaben bestärken. Barcelona ist eine wundervolle und unglaublich vielseitige Stadt, die für wirklich jeden Geschmack etwas zu bieten hat. Und wenn du, bereit bist, dich selbst auch in deinem Auslandssemester akademisch herauszufordern, und deine Soft Skills zu trainieren, dann ist auch die Ostelea die richtige Uni für dich.       

Das Wichtigste – Leider auf keiner Packinglist zu finden: 
-    Kaufe dir das T-Jove Metroticket Zona 1. (Nutze alle Busse, Metros und Bahnen für 3 Monate für nur 80 Euro.) 
-    Mache einen Spanischkurs. (Obwohl Barcelona 1,8 Mio. internationale Einwohner hat, kommst du mit Englisch nicht immer weiter. Du musst nicht Catalán beherrschen, aber Spanisch zu sprechen, hat mich so manches Mal gerettet. Auch Verónica und Griselda, die Ansprechpartner für Organisatorisches an der Ostelea, sprechen tw. nur bedingt Englisch und verschicken Infos und Einladungen auf Spanisch. Frage nach, ob du an dem Spanischkurs auf dem Bachelorcampus teilnehmen und ihn dir in Stralsund anrechnen lassen kannst.)
-    Suche dir ein_e Verbündete_n. (Die meisten Studenten kommen zu zweit an die Ostelea. Bei den vielen Gruppenarbeiten ist es leichter, wenn auch du gleich einen festen Partner hast, auf dessen reibungslose Zusammenarbeit du dich verlassen kannst.)
-    Lade dir die Apps „Studentify“ und „Erasmus Barcelona“ herunter. (Dort erhältst du Einladungen und Vergünstigungen zu Partys, kannst dich für Exkursionen anmelden und ggf. mit anderen Studierenden austauschen.)  
-    Kaufe anders ein. (Suche nicht den nächsten ALDI oder LIDL, sondern kaufe Obst und Gemüse frisch in einer der vielen Fruterías, die es überall in der Stadt gibt. Das macht das Leben für Veganer und Vegetarier in Barcelona leichter, das mit der typischen spanischen Cuisine (geprägt von Fisch und die Meeresfrüchten) leider nicht sehr kompatibel ist. Daher mein Lieblingstipp für vegane Restaurants für dich: „Zenith Brunch & Cocktails“ und „Honest Greens“ nahe Plaza Catalunya. Que aproveche!)
-    Packe genug warme Kleidung ein. (Die wenigsten Wohnungen in Spanien sind isoliert, die Wände sind dünn und die Heizung wird nur sporadisch eingeschaltet, darum ist es im Frühjahr tatsächlich mitunter noch richtig kalt.) 
-    Onlineprüfungen sind hier Standard. (Alle organisatorischen Punkte, Vorlesungsmaterialien und auch alle Prüfungen werden digital über das Unisystem „Campus“/ „Blackbord“ abgewickelt. Die Formatbandbreite reicht dabei von Multiple Choice bis Case Study Analysis. Die Kursinhalte wechseln jedes Jahr, da auch die Dozenten ausnahmslos aus der unternehmerischen Praxis kommen.)   
-    Melde die „Evaluación única“ an. (Rückblickend sind die die Final Exams an der Ostelea fair gewesen. Auch wenn deine Note dann zu 100% von der finalen Prüfung abhängt, ist eine gute Leistung möglich und beschert dir über das Semester hinweg weniger Stress. Frage auch nach, ob du Prüfungen ggf. auf Englisch ablegen darfst, solltest du ein Modul belegen, das auf Spanisch gelehrt wird.) 
-    Mach dir nicht zu viel Stress. (Obwohl es Noten für Anwesenheit, Pünktlichkeit und Mitarbeit gibt, bist du immer noch ein_e Austauschstudent_in in Spanien. Unpünktlichkeit ist hier tatsächlich kein Stereotyp und auch die Dozenten zeigten stets Verständnis und ließen oft mit sich reden, wenn es Komplikationen oder sich überschneidende Verpflichtungen gab und bewerteten fair, wenn sie sahen, dass du dich bemüht hast. Also: No te preocupes, sino viva la vida españa!)