Studium

Finnland - South-Eastern Finland University of Applied Sciences (Kotka)

Super Erfahrung und das Studium war auch ok

Sebastian S., Renewable Energy and E-Mobility M.Eng., 3. Semester, Finnland, South-Eastern Finland University of Applied Sciences (Kotka), Wintersemester 2023/24

Stadt: Kotka ist eine kleine, eher ruhige Stadt im Süden Finnlands östlich von Helsinki an der Ostseeküste. Sie ist sehr grün und besteht aus mehreren verbundenen Inseln. Ein schöner Spaziergang im Grünen und nah am Wasser ist deshalb immer möglich. Mit Bus und Zug ist viel im Süden Finnlands schnell zu erreichen. In der Innenstadt gibt einige nette Geschäfte, Restaurants und Bars. Bis auf einen Club und ein paar Veranstaltungen der Hochschule gibt es nicht so viel Studentenleben in der Stadt, das hat sich eher im Wohnheim abgespielt. Durch Leihräder und Busse ist man mobil und kann die Gegend erkunden.

Wohnheim: Die einfachste Möglichkeit für eine Unterkunft war ein kleines Wohnheim mit Zimmern mit eigenem Bad und geteilten Küchen, das mit der Hochschule kooperiert und in der alle Erasmus Studierenden (ca. 25) gewohnt haben. Es liegt etwas außerhalb, aber dafür sehr schön nahe Wald und Wasser. Typisch für Finnland hat es auch eine Sauna, die man manchmal kostenlos und sonst gegen eine Gebühr nutzen konnte. Obwohl fast niemand von uns vorher oft in die Sauna war, hat die finnische Kultur uns angesteckt und es wurde häufig genutzt und wir hatten schöne Abende. Sonst war das Wohnheim wie die meisten Wohnheime, die ich auch aus Deutschland kenne: eher nicht so sauber, etwas unordentlich und mäßig gut betreut. Trotz mancher Unannehmlichkeiten würde ich auf jeden Fall empfehlen in einem Wohnheim zu wohnen. So konnte ich schnell andere Austauschstudierende kennenlernen. Dadurch dass man sich oft sieht, kommt man schnell ins Gespräch und kann sich spontan und unkompliziert treffen. Es war eigentlich immer was los und für jeden was dabei: von entspannt Karten spielen bis Party machen. Auch wenn die beiden Klischees, die ich vorher über Erasmus kannte (man hat deutlich mehr Kontakt zu anderen Austauschstudierenden als zu den Einheimischen und es gibt immer viele Deutsche), auch für mich stimmten, hatte man im Wohnheim sehr viel Kontakt mit anderen Kulturen und hatte eine sehr abwechslungsreiche und gute Zeit.

Reisen: Naturliebhaber*innen kommen in Finnland definitiv auf ihre Kosten und alle anderen werden zu solchen. Durch eine Vielzahl an gut ausgestatteten Nationalparks und allgemein weitläufiger Natur gibt es viel zu entdecken: ob bei Wanderungen, Roadtrips oder abenteuerlicher auf Schneeschuhen oder im Kajak. In den Nationalparks gibt es an den Wanderrouten Feuerstellen und Hütten mit kostenlosem Holz, wo man wie die Finnen nach anstrengender Wanderung Würstchen grillen kann, was ich sehr vermissen werde. Ein großartiges Erlebnis war das Übernachten in einer Wilderness Hut (einfache kostenlose Blockhütte) direkt im Oulanka Nationalpark, wo morgens Rentiere direkt vor unserer Tür waren.

Man kommt zwar sehr gut mit Bus und Zug durch Finnland, aber um in abgelegenere Ecken zu kommen empfiehlt es sich definitiv mit ein paar Leuten auch mal ein Auto zu mieten. Von Kotka kommt man über Helsinki per Fähre auch gut nach Tallinn und Stockholm, was beides sehr schöne Städte sind und definitiv zu empfehlen ist. Ein Highlight, das fast alle am Ende des Auslandssemesters gemacht haben: Eine Reise nach Lappland. Rovaniemi ist gut mit dem Nachtzug zu erreichen und von dort aus kann man weiter in die Wildnis oder viele touristische Aktivitäten machen, wie eine Schlittenhundetour oder das Weihnachtsmanndorf besuchen. Polarlichter gibt es in ganz Finnland und wir haben sie mehrmals gesehen, was sehr beeindruckend und schön war. (Aber meist nicht so intensiv wie auf den Bildern, die man kennt.)

Klima: Ich wurde von einigen für verrückt erklärt im Winter nach Finnland zu gehen, aber ich bereue es keineswegs. Ja, es war im November und Dezember schon sehr kalt (-10 bis -15°C kamen vor), aber dadurch gab es auch ab Anfang November bis zum Ende durchgehend Schnee (was für den Süden Finnlands wohl aber nicht selbstverständlich ist). Es war auch sehr schön am Anfang des Herbsts anzukommen und die Veränderungen bis zum Winter mitzuerleben. Bei mir im Süden Finnlands ging es mit der Dunkelheit, weiter nördlich wird es dann aber schon irgendwann hart, eine Zeitlang geht das aber auch. Auch das Sommersemester ist bestimmt interessant, wenn man dann aus dem Winter in den Frühling übergeht und die Tage immer länger und wärmer werden.

Studium: Natürlich gehört zum Auslandssemester auch Studieren dazu. Die angebotenen Fächer meiner Fachrichtung Energy Engineering waren interessant und mit viel Anwendung, aber einige Inhalte haben sich wiederholt und meist war es weniger anspruchsvoll als ich es aus Deutschland kenne. Man wurde gut unterstützt bei der Fächerwahl und während des Semesters, außerdem gab es die Option Fächer aus anderen Fachbereichen zu belegen und auch ein praktisches Projekt zu machen. Es war also alles in allem nicht schlecht und man hatte genug Zeit für andere Dinge neben dem Studieren, wofür das Auslandssemester ja auch da ist. Das Semester inklusive Prüfungen war von Anfang September bis Mitte Dezember auch gar nicht so lang und viele Prüfungen am Ende online, sodass man flexibel war und z.B. noch nach Lappland reisen konnte. Durch studentische Tutor*innen waren wir sehr gut begleitet und hatten immer jemanden bei Nachfragen. Auch haben sie Aktivitäten wie einen Spieleabend und Grillen organisiert, um sich kennen zu lernen.

Geld: Finnland ist ein schönes, aber auch teures Land. Das Wohnheim hat 390€ pro Monat gekostet, was für Finnland noch wenig ist. Essen in der Hochschule war mit 3€ sehr günstig und auch ganz gut. Zusammen mit ein bisschen weiterem Essen muss man zwar nicht unbedingt viel Geld ausgeben, aber weil Finnland so sehenswert ist und viel zu bieten hat, haben wir sehr viel Geld für unsere Reisen ausgegeben. Ein Tipp dazu: Mit einem Internationalen oder finnischen Studierendenausweis bekommt man Rabatt bei den Bussen, Zügen und auch vielen anderen Dingen. Insbesondere alkoholische Getränke sind teuer, aber da kann sich auch mal ein Abstecher nach Tallinn lohnen.

Fazit: Auch wenn viele der Beschreibungen vielleicht eher nüchtern und verhalten wirken, kann ich ein Auslandssemester wirklich wärmstens empfehlen. Es ist eine ganz besondere Erfahrung, die sich nur schwer in Worte fassen lässt. Dadurch, dass es für alle Teilnehmenden die gleiche neue Situation ist, lassen sich schnell Kontakte knüpfen. Finnland ist ein wirklich tolles Land mit viel zu entdecken und auch wenn beim Austausch nicht jede Kleinigkeit perfekt war (wo ist es das auch schon?), würde ich es definitiv nochmal so machen. Um auch außerhalb der Vorlesungen mehr Kontakt zu den einheimischen Studierenden zu bekommen, kann ich sehr empfehlen zu einer Aktivität wie dem Hochschulsport zu gehen.