Gut gewachsen: Familienfreundliche Strukturen an der Hochschule


Silke Krumrey ist das Gesicht des Familiencenters und die Frau, die dabei hilft den forschungsbegeisterten Nachwuchs zu sichern.

Familienfreundlichkeit ist an der Hochschule Stralsund (HOST) nicht nur ein Aushängeschild, um Prestige zu steigern. Im Wirken des Familiencenters, dem Angebot der Ferienfreizeit und Projekten wie dem Kinderlabor und dem Kinder- und Bäumchenfest zeigt sich, wie die Hochschule Stralsund mit dem Thema Familie umgeht, wie lebendig sie es gestaltet, wie sie Kinder für (Natur-) Wissenschaften begeistern will und Eltern unbürokratische Hilfen geben möchte. Silke Krumrey verkörpert diesen familienfreundlichen Geist der Hochschule.

Von der Elternzeitvertretung zur Leitung

2008 hat Silke Krumrey begonnen an der Hochschule zu arbeiten, als Elternzeitvertretung im Familiencenter, hat sich danach in verschiedensten Projekten bewährt, Ein von ihr 2009 ins Leben gerufenes Projekt hat sie dabei aber immer begleitet: Das Kinderlabor. „Ich habe es über all meine Tätigkeiten mitgenommen und das möchte ich auch nicht mehr abgeben“, sagt die studierte Betriebswirtin. Ein Mal im Monat begrüßt sie dabei 4- bis 8-jährige Kinder und vier bis sechs Mal im Jahr 9- bis 12-Jährige an der Hochschule. „Und Kinder sind so begeistert von Naturwissenschaften“, sagt die Familienbeauftragte voller Enthusiasmus. Das seien Kinder eben dann, wenn sie gar nicht mitbekommen, dass angewandte Mathematik und Physik im Spiel sind, wenn sie sich ganz unvoreingenommen ins Abenteuer Wissenschaft stürzen können, Brücken aus Papier bauen oder kleine Gewichte in die Waagschale werfen und so ausprobieren können, wie viel etwa wiegt. „Was sie theoretisch später in der der Schule und im Studium behandeln werden und vielen schwer fällt, das probieren wir bei uns aus“, sagt Silke Krumrey.*

Eigener Sohn testete Experimente für das Kinderlabor vorab

Welchen Erkenntnisgewinn sie den Kindern dabei zumuten kann, was zum jeweiligen Entwicklungsstand passt, das hat sie ihr Sohn gelehrt. „Er ist mit dem Projekt mitgewachsen und war immer so ein bisschen mein Maßstab“, sagt sie lachend. „Ich habe schon immer mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet.“ Sie war u.A. als Jugendgruppenleiterin tätig, arbeitete mit sozialbenachteiligen Jugendlichen und geht heute in der Arbeit für das Familiencenter, als stellvertretende Gleichstellungsbeauftragte und als Behindertenbeauftragte auf. „Es ist sehr, sehr vielseitig, dafür muss man gut strukturiert sein“, sagt sie.

Notfallbetreuung, wenn die Tagesmutter ausfällt

Das Familiencenter soll Hochschuleltern unterstützen – ob Studierende, Mitarbeitende oder Professoren. „Wir sind seit 2006 als familiengerechte Hochschule zertifiziert“, erklärt Krumrey, seit 2018 hat die HOST ein ständiges Zertifikat. Die Hochschule habe sich definitiv entschieden, familiengerechte Strukturen zu entwickeln und zu pflegen. „Es geht heutzutage nicht mehr, dass man nicht familienfreundlich ist.“ Das bedeutet an der Hochschule zum Beispiel, dass schon mal die Notfallbetreuung der Kinder organisiert wird, wenn die Tagesmutter krank wird, dass im Eltern-Kind-Zimmer in Familie gelernt beziehungsweise gearbeitet und gespielt werden kann, dass in der Mensa Kinderstühlchen stehen und die Kinder von Studierenden dort kostenfrei essen. „Es gibt in jedem Gebäude einen Still- und Wickelraum sowie eine Spielecke.“ Kinder in Vorlesungen nach Absprachen mit Professor*innen – das ist denkbar und das hat es an der Hochschule schon gegeben, als Silke Krumrey noch studierte – und warum auch nicht, sagt sie. Kinder und die Hochschule – das passe zusammen. „Als mein Sohn noch so klein war, hat er das geliebt, wenn ich ihn mit an die Hochschule genommen habe, ins Eltern-Kind-Zimmer oder ins Büro.“ Wenn Krumrey erzählt, dann wirkt das nicht, als ob Notlösungen gefunden werden müssten, Bereiche zwingend ineinandergreifen müssten, sondern als ob beide Themen ‑ Familie und Studium ‑ beziehungsweise Arbeit sich einander öffnen und zu einer runden, echten Lebensrealität fusionieren. Wie so etwas gelingen kann, dazu berät sie auch im Familiencenter.

Familiencenter ist für viele die erste Anlaufstelle

„Aber das Beratungsspektrum ist ganz unterschiedlich“, erklärt Silke Krumrey, angesprochen sind neben Eltern auch pflegende Angehörige. „Ganz häufig verweise ich auch nur, wir sind eine erste Anlaufstelle“, erklärt Krumrey, die so auch vermittelnde Tätigkeiten übernimmt. Unterstützt wird sie in ihrem Alltag seit 2013/2014 von den Bundesfreiwilligen. Ein Bundesfreiwilliger/eine Bundesfreiwillige begleiten je für ein Jahr das Familiencenter, das Kinderlabor und die Ferienfreizeit, die wird dem Hochschulnachwuchs zwischen 6 und 12 Jahren für eine Woche in den Sommerferien angeboten, betreut durch Studierende und eben Bundesfreiwillige. „Bisher waren sie alle ganz unterschiedlich“, sagt Krumrey. Die Bewerber*innen werden mit größter Sorgfalt ausgewählt, schließlich arbeiten sie unmittelbar mit Kindern. Wichtig sei außerdem ihre Begeisterung für Naturwissenschaften. Viele Bundesfreiwillige haben danach selbst studiert, auch an der HOST.

Unbürokratisch und ideenreich

Neben den großen Angeboten haben sich viele kleinere ihren festen Platz im Familienleben von Mitarbeitenden und Studierenden gesichert. Als ihr Kleiner zwei oder drei Jahre alt war und es draußen regnete, mietete Silke Krumrey kurzerhand mit ein paar Eltern die Sporthalle auf dem Campus. Daraus ist der Eltern-Kind-Sport gewachsen, bei dem sich die Kinder jeden Mittwoch auspowern können, aber eben auch nicht jedes Mal da sein müssen, so wie es in den Familienalltag passt. Geleitet wird der Sport jeweils ehrenamtlich von aktiven Eltern der Hochschule, deren Kinder selbst teilnehmen, wie aktuell von Jennifer Noack. Und der Weg von der Idee zum Angebot, der verlaufe an der HOST glücklicherweise kurz und unbürokratisch. „Das Familiencenter ist als Stabsstelle der Rektorin unterstellt. Sie unterstützt unsere Arbeit mit Herzblut“, sagt Krumrey. Die HOST bietet außerdem die Vortragsreihe Familienleben, Bastelnachmittage und Weihnachtsfeiern, Elterntreffs und Familienarbeitstage an. Jährliches Highlight für viele aber ist das Bäumchenfest, bei dem die Hochschule seit 2006 für die neuen Hochschulkinder Bäume pflanzt. Mehr als 250 stehen bereits auf dem ganzen Campus und werfen ihre Schatten voraus. „Die Idee dahinter ist, eine Identifikation mit der Hochschule zu schaffen“, erklärt Krumrey. Und wer weiß, vielleicht studiert der ein oder andere Hochschulnachwuchs selbst an der HOST und kann irgendwann sagen „Das ist mein Baum, das ist meine Hochschule!“.

Familiencenter - Hochschule Stralsund (hochschule-stralsund.de)

* Während der Pandemie-bedingten Einschränkungen im öffentlichen Leben fanden die „Kinderlabore“ trotzdem statt – online.