Mehr als nur Betriebe: Die soziale Kraft der KMU auf dem Land
Sommersemester 2025, Verfasser: Max
Die Zeiten werden immer schwieriger; ländliche Regionen stehen unter Druck und kämpfen zunehmend um ihr Überleben, obwohl Deutschland zum Großteil aus ländlichen Gebieten besteht, welche von mehr als der Hälfte der Bevölkerung bewohnt sind (Bundestag 2024). Diese Regionen sind seit Jahren von demografischem Wandel, Fachkräftemangel, Leerstand, fehlender Erreichbarkeit und unzureichender Infrastruktur geprägt und geraten dadurch an den Rand ihrer Existenz. Laut aktuellen Prognosen droht einzelnen Landkreisen bis 2045 ein weiterer Bevölkerungsverlust von bis zu 20 % – in manchen Regionen ist seit 1990 bereits ein Rückgang von einem Drittel zu verzeichnen (Bundestag 2024: 12–13). Diese Entwicklung gefährdet nicht nur die Lebensqualität, sondern auch den sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhalt. Dabei sind die entsprechenden ländlichen Regionen nicht nur landschaftlich vielfältig, sondern auch wirtschaftlich und kulturell bedeutsam.
In dieser Situation fällt den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) eine Schlüsselrolle zu - denn über 56 % aller deutschen Unternehmen sind in ländlichen Regionen sind angesiedelt. Zudem sichern sie etwa die Hälfte aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze und rund 60 % der Ausbildungsplätze (Bundestag 2024: 4). Sie sind Arbeitgeber, Ausbilder, Innovationstreiber und Aushängeschild für ihre Region und stiften somit den sozialen Zusammenhalt, fördern kulturelles Leben und stärken die regionale Identität.
Es zeigt sich: Der gesellschaftliche Beitrag des Mittelstands geht weit über den rein ökonomischen hinaus. Laut Schlepphorst et al. (2022: 3) entsteht durch das Zusammenspiel von KMU mit ihrer Region ein wichtiger Beitrag zum Gemeinwohl: durch ihr Engagement in Vereinen, die Unterstützung lokaler Initiativen und Bereitstellung von Infrastruktur – oder auch „nur“ durch persönliches Ehrenamt. In strukturschwachen Regionen wird dieser Beitrag besonders sichtbar – dort übernehmen Unternehmen häufig Aufgaben, die sonst kommunale oder staatliche Akteure leisten würden (Welter & Schlepphorst 2020: 5). Doch auch wirtschaftlich starke Regionen profitieren davon: KMU tragen durch ihre Stabilität zur Krisenfestigkeit ganzer Regionen bei, wie etwa in der Coronazeit beobachtet wurde (Welter & Schlepphorst 2020: 18). Der Mittelstand schafft somit mehr als Produkte oder Arbeitsplätze – er ermöglicht Teilhabe, Zugehörigkeit und Identifikation mit der Heimat.
Gerade in Zeiten von Strukturwandel, Energiewende und Digitalisierung ist es essenziell, diese Akteure zu stärken. Dafür braucht es nicht nur Förderprogramme, sondern auch Bürokratieabbau, Zugang zu Fachkräften, digitale Infrastruktur und politische Anerkennung. Denn wenn wir den ländlichen Raum lebendig halten wollen, dann gelingt das nicht ohne den Mittelstand – jedoch sehr vieles durch seinen aktiven Einbezug.
Quellen:
- Bundestag (2024): Vierter Bericht der Bundesregierung zur Entwicklung der ländlichen Räume, Drucksache 20/13790, Berlin: Deutscher Bundestag.
- Schlepphorst, S., Welter, F. & Holz, M. (2022): Die gesellschaftliche Wertschöpfung des Mittelstands, IfM-Materialien Nr. 292, Bonn: Institut für Mittelstandsforschung.
- Welter, F. & Schlepphorst, S. (2020): Der gesellschaftliche Beitrag des Mittelstands: Konzeptionelle Überlegungen, IfM-Materialien Nr. 283, Bonn: Institut für Mittelstandsforschung.