Zypern, Nicosia - University of Nicosia
Nicosia: Die geteilte Hauptstadt Zyperns
Leisure and Tourism Management, 6. Semester, Zypern, University of Nicosia UNIC, Sommersemester 2022
Mir war direkt bewusst, dass ich meinen Auslandsaufenthalt an einer Universität und nicht in einem Unternehmen absolvieren möchte. Als es an der Zeit war, beschäftigte ich mich also mit den verschiedenen Möglichkeiten und wog diverse Destinationen ab. Ich realisierte, dass es vermutlich organisatorisch einfacher sein würde, eine Partnerhochschule zu wählen, da bereits Verträge mit der Hochschule Stralsund bestehen. Diese Annahme bestätigte sich im Laufe meiner Bewerbung und der Kurswahl.
Obwohl es recht viel Bürokratie rund um das Auslandsstudium mit Erasmus+ gibt, ist der Bewerbungsprozess reibungslos verlaufen und durch das International Office wurde ich jederzeit unterstützt, wenn es Fragen oder Probleme gab. Auch die Ansprechpartnerin in Nicosia ist sehr hilfsbereit und antwortet zuverlässig auf Emails. Mit der Zusage aus Nicosia begann ich, meine Module zu planen. Hierbei war Frau Christiansen als Studiengangsleiterin sehr behilflich. Zu Beginn meines Semesters mussten nochmal Änderungen vorgenommen werden, da ein Kurs nicht angeboten wurde, was aber ebenfalls kein Problem darstellte.
Die Wohnungssuche ist sehr einfach- über zahlreiche Facebook Gruppen oder auch Webseiten lässt sich problemlos ein WG-Zimmer oder eine kleine Wohnung finden. Um meine Wohnung zu reservieren, musste ich eine Monatsmiete als Anzahlung überweisen, welche bei Auszug zurückgezahlt wurde. Viele Wohnungen haben kein warmes Wasser oder Heizungen. So musste ich vor dem Duschen oder Spülen zunächst den Boiler anstellen und 15 Minuten warten, bis das Wasser warm wurde. Da die meisten Wohnungen über eine Klimaanlage verfügen, ist es im Winter zwar möglich, darüber zu heizen, das Ergebnis ist allerdings eher weniger gut und der Stromverbrauch steigt enorm an. Da es normalerweise nicht so lange kalt ist wie dieses Jahr, stellt die fehlende Heizung in anderen Jahren aber wahrscheinlich kein Problem dar.
Meine Wohnung lag eher im Stadtzentrum und um zur Uni zu gelangen, musste ich ca. 10 bis 15 Minuten mit dem Bus fahren. Das war in den meisten Fällen kein Problem, da der Bus ungefähr alle 30 Minuten fährt. Kurz vor dem „Spring Recess“ gab es allerdings einen Streik der Busfahrer, welcher unangekündigt am Freitagmittag begann und ca. eine Woche anhielt. In dieser Zeit blieb dann nur die Möglichkeit 60 Minuten zu laufen oder für acht bis zehn Euro pro Fahrt Bolt zu fahren. Das Verkehrsnetz ist in Nicosia generell nicht so gut ausgebaut wie in Deutschland, jedoch kommt man mit den Stadtbussen überall hin und die Intercity Busse ermöglichen Ausflüge zwischen den Städten. Generell kann man sich aber nicht auf feste Abfahrtzeiten verlassen.
Diese eher gelassenere Lebensweise ist zwar zu Beginn etwas gewöhnungsbedürftig und man wünscht sich ein wenig mehr „Ordnung“, nach ein paar Wochen konnte ich mich allerdings gut daran gewöhnen. Die zypriotische Gelassenheit spiegelt sich in allen Lebensbereichen wider und die Leute scheinen entspannter an ihre Aufgaben heranzugehen. Das umfasst auch die Kaffee Kultur hier: Zyprioten lieben ihren Kaffee und trinken ihn zu jeder Tageszeit, besonders gerne in den Abendstunden. Natürlich gab es auch in der Uni zwei Cafés, in denen auch ich regelmäßig Kaffeevariationen wie den hier beliebten Freddo Cappuccino getrunken habe.
Neben den Cafés verfügt die University of Nicosia über eine Art Mensa, in der warme Speisen von angehenden Köchen frisch zubereitet werden. Der Campus ist über einen Stadtteil verteilt. Die drei Gebäude, in denen meine Vorlesungen stattgefunden haben, liegen aber alle direkt nebeneinander am Hauptstandort der Uni. Insgesamt habe ich mich hier sehr wohlgefühlt, sowohl aufgrund der modernen Vorlesungsräume als auch dank der Professoren und Kommilitonen. Außerdem fanden jedes Wochenende Wanderungen statt, die vom Student Affairs Department in Kooperation mit einer lokalen Wandergruppe organisiert wurden. Dieses Angebot habe ich oft genutzt und würde es auf jeden Fall weiterempfehlen, da es eine weitere gute Möglichkeit ist die Insel zu erkunden.
Die Art des Studierens an sich unterscheidet sich ein wenig von der in Deutschland. In jedem Modul hatte ich Zwischenprüfungen, sogenannte „Mid-Terms“ und Abschlussprüfungen am Ende des Semesters. Letztere zählten aber meist nur 40% zur Gesamtnote, da viele Leistungen schon während des Semesters durch Tests, Assignments oder Essays sowie die Mid-Terms erbracht werden. Dieses Konzept hat mir sehr gut gefallen, da man auf diese Weise mehr von den Inhalten mitnimmt und kontinuierliche Leistungsnachweise erbringt, sich also nicht alles auf die Klausuren am Ende konzentriert. Bezüglich der Klausuren hatte ich das Gefühl, es geht (zumindest in den tourismusorientierten Modulen) viel um Auswendiglernen und weniger um das Anwenden der Inhalte. Die Anwendung erfolgte eher durch die Assignments oder Essays.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ich sehr zufrieden bin, Nicosia für mein Auslandssemester ausgewählt zu haben. Das Leben dort war zwar in einigen Bereichen ziemlich anders als ich es aus Deutschland gewohnt war, nach einer kurzen Eingewöhnungszeit ist es aber zur Normalität geworden. Neben dem Studium hatte ich genug Zeit, die Insel zu erkunden und das Wetter zu genießen. Außerdem konnte ich mein Englisch verbessern und meine interkulturellen Kompetenzen ausbauen.
Aufgrund der Geschichte des Krieges zwischen griechischen und türkischen Zyprioten sind die Spannungen auch im Alltag teilweise zu spüren und man sollte es vermeiden, über den Konflikt zu sprechen. Als Tourist bzw. internationaler Student ist es aber eine spannende Erfahrung, die Grenze zu überqueren und auch Nordzypern zu entdecken.