Erfahrungsbericht

Venja B., Tourism Development Strategies, 1. Semester, Spanien, Teneriffa, Máster Universitario en Dirección y Planificación del Turismo, Wintersemester 2024/25

Teneriffa ist empfehlenswert –
Der Tourismus-Master an der ULL eher weniger


Uni-Auswahl
Ich wollte an eine Partneruniversität der HOST, an der man Spanisch spricht. Da es auf Teneriffa keinen richtigen Winter gibt, war die Entscheidung schnell gefallen. Man fliegt fünfeinhalb Stunden von Berlin und Flüge kann man ab ca. 80€ finden. Es ist ein Spanisch Level von B1 gefordert (später hieß es dann in anderen Dokumenten der ULL B2), ich persönlich würde auch B2 empfehlen.

Bewerbungsprozess
Der Bewerbungsprozess war transparent und einfach, man konnte die Schritte so durchlaufen wie beschrieben. Alles ist online durchführbar. Die Incoming-Seite der ULL ist gut strukturiert und den Kurskatalog habe ich schnell gefunden. Der Master im Tourismus geht ein Jahr, also zwei Semester. Im ersten (das habe ich gemacht), gibt es sechs Module mit viermal 6 ECTS und zweimal 3 ECTS. Da ich alle Pflichtmodule an der HOST bestanden habe, ging es mir eher darum, neue Dinge zu lernen und ggf. noch Noten zu verbessern. Daher habe ich drei Module gewählt, die das umsetzen und kam damit auf 15 ECTS. Zwei davon kann ich mir an der HOST anrechnen lassen. Mein Online Learning Agreement wurde unkompliziert von beiden Seiten angenommen und nachdem ich alle gewünschten Anträge und Nachweise eingereicht hatte, wurde ich akzeptiert. Ich habe alle Fragen vom International Office der HOST beantwortet bekommen.

Vorbereitung
Da ich schon mehrmals auf Teneriffa gewesen war, musste ich mich nicht groß informieren oder vorbereiten. Ich habe dem Prüfungsamt Bescheid gegeben und mich erkundigt, ob andere Studierenden der HOST nach Teneriffa wollten. Das kann ich empfehlen, da man sich besser austauschen kann.

Wohnungssuche
Die erste große Schwierigkeit war die Suche nach einer WG oder Wohnung. Ich habe am Anfang auf der ULL-Website nach Hilfe gesucht und mich dann auf die Studentenwohnheime beworben. Da habe ich allerdings nie eine Antwort bekommen. Über Ecken habe ich von einer WhatsApp Gruppe erfahren für den Erasmus Austausch auf Teneriffa, wo sehr viele Incoming Studierende nach Wohnungen gesucht haben und dort waren wohl auf Vermittler in der Gruppe. Das hat aber nicht wirklich was gebracht. Die einzige wirkliche Option ist das Portal Idealista (eine App und Website), wo man Wohnungen in Spanien suchen kann. Man stellt seinen Suchradius ein und erstellt ein Profil. Im Anschluss kann man sich auf Wohnungen bewerben, die einem gefallen. Ich habe sehr viele Anfragen rausgeschickt und sehr wenige Antworten bekommen. Erst eine Woche bevor ich losgeflogen bin, habe ich eine Online Besichtigung bekommen und mehr oder weniger durch Glück noch ein Zimmer gefunden. Hier bin ich sehr glücklich, da alles neu renoviert ist (das ist hier gar nicht selbstverständlich). Ich wohne mit zwei weiteren Deutschen und einem Spanier. Später habe ich herausgefunden, dass ich das Zimmer nur bekommen habe, weil jemand abgesprungen ist. Auch von sehr vielen anderen habe ich mitbekommen, wie schwer die Wohnungssuche war. Viele haben sich vor Ort ein AirBnB gemietet und dann Besichtigungen gemacht, weil es nicht anders ging. Meine Wohnung liegt genau zwischen der Hauptstadt Santa Cruz und der Uni in La Laguna, nah an einer Straßenbahnhaltestelle und gegenüber von einem Supermarkt. Damit wohne ich zwar nicht im Zentrum und habe immer einen Anfahrtsweg, aber ich bin gut angeschlossen.

Kultur
Ich wohne im absoluten Gegenteil einer touristischen Gegend und finde das super. Bisher kannte ich nur den schön gemachten Teil im Süden und in der Hauptstadt, aber in den Vororten von La Laguna wohnen die echten Tinerfeños (Einwohner von Teneriffa). Überall findet man Guachinchen mit lokalem und traditionellem Essen. Es gibt viele kulturelle Feste, wie zum Beispiel den zweitgrößten Karneval der Welt im Februar. Da La Laguna eine Studentenstadt ist (die Uni hat 20.000 Studierende), wird am Wochenende ausgiebig und vor allem bis tief in die Nacht gefeiert. Die Uni bietet auch tolle Sportprogramme, bei denen man für ca. 17€ pro Semester und pro Kurs mitmachen kann.

Alltag
Als Masterstudentin hatte ich immer nachmittags Unterricht bis spätestens 20 Uhr, der Bachelorstudiengang hat eher vormittags Unterricht. Hin und wieder hatten wir Hausaufgaben, die ich dann vormittags gemacht habe. Ich habe immer eher selbst gekocht, auch wenn man in der Cafeteria diverse Snacks und Brötchen kaufen kann, sowie mittags warmes Essen (soweit ich das gehört habe).

Freizeit
Ich habe mich durch die Vernetzung in diversen WhatsApp Gruppen immer gut beschäftigen können, da immer jemand gerade am Strand war oder Wandern gehen wollte. Das Bussystem (man nennt die Busse Guaguas) ist ziemlich gut, weshalb man regelmäßige Verbindungen in alle Teile der Insel hat. Die Straßenbahn pendelt zwischen La Laguna und Santa Cruz. Ich hatte ein paar Mal Besuch und habe mittlerweile die gesamte Insel gesehen und lieben gelernt, da sie so vielseitig ist. Das würde ich auf jeden Fall empfehlen. An den kältesten Tagen war es mindestens 16 Grad warm (im Winter) und es waren regelmäßig 20 Grad und wärmer. Der einzige Strand in Santa Cruz ist etwas außerhalb, aber sehr schön für die sonnigen Tage. Die Sonne hat eigentlich immer geschienen.

Sprache
Mit dem Dialekt hatte ich große Schwierigkeiten am Anfang, auch jetzt häufig noch. Obwohl ich ein B1 bis B2 Level hatte, finde ich B2 doch eher richtig. Es haben nur sehr wenige Professoren manchmal Sachen auf Englisch erklärt.

Studium
Die Organisation für Erasmus Studierende lässt stark zu wünschen übrig. Dafür, dass die Uni zweimal jährlich mehr als 100 Erasmus Studierende aufnimmt, läuft vieles drunter und drüber. Vor allem fehlt ein zentraler Ansprechpartner, der alles koordiniert und bei Fragen hilft. Am ersten Tag war es verpflichtend, sich im Sekretariat zu melden. Dort brauchte man allerdings einen Termin, wovon niemand der Erasmus Studierenden etwas wusste. Zudem habe ich als Masterstudentin eine andere Fakultät bzw. Ansprechpartner als alle meine bis dahin gemachten Bekanntschaften. Ich bin von Campus zu Campus gefahren, um meine Ansprechperson zu finden und alle Dokumente einzureichen. Die war dann spontan früher weg oder anderweitig nicht erreichbar. Ich habe Dokumente schnellstmöglich eingereicht, um dann nach ein paar Monaten gefragt zu werden, wann ich genau diese einreiche. Nebenbei ist es übrigens verpflichtend, sich bei der einheimischen Polizei eine spanische Steuernummer (NIE) geben zu lassen. Die Terminfindung war fast unmöglich, da nie welche verfügbar waren. In meinem Studiengang waren 7 Leute, wovon vier nicht Muttersprachler waren in Spanisch und dementsprechend Probleme hatten mit dem Dialekt. Die Dozenten haben da allerdings wenig drauf geachtet, sodass ich mich eigentlich gar nicht am Unterricht beteiligen konnte am Anfang. Bei einem der Dozenten war bis zum Tag der Klausur nicht klar, ob die Klausur stattfindet und in welchem Format. Eine der Präsentationen war thematisch viel zu weit gefasst und wurde im Nachhinein als oberflächlich kritisiert. Das Niveau ist allerdings generell eher oberflächlich und ich habe wenig bis nichts Neues auf fachlicher Ebene gelernt.

Tipps
Bei der Wohnungssuche muss man sich nicht unbedingt so viel Stress machen, wenn man keinen Wert darauflegt, vor dem Abflug bereits einen Vertrag unterschrieben zu haben. Viele Zimmer wurden auch im Verlauf des Semesters noch ausgeschrieben oder neu belegt. Ich würde auch empfehlen, eher eine Wohnung in La Laguna als in Santa Cruz zu suchen. Man kann sich außerdem schon im Vornherein einen Termin für die NIE bei der Polizei vereinbaren, sobald man die Dokumente der ULL hat. Am besten ist es, wenn man anfangs viele Events für Studierende mitmacht, um Leute kennenzulernen.

Fazit
Für meine persönliche Entwicklung war es eine gute Erfahrung. Ich würde die Uni grundsätzlich schon weiterempfehlen, wenn man sich der Problematik mit der Organisation bewusst ist. Mein Studiengang allerdings hat meinen Horizont wenig erweitert, weshalb ich, wenn dann eher Module aus dem Tourismus-Bachelor empfehlen kann. Die Wohnungssuche ist anstrengend, aber irgendwann klappt es meistens. Auch wenn das eigene Spanisch noch so gut ist, der Dialekt ist eine große Herausforderung. Vielleicht kann man sich vorher Videos dazu angucken und sich daran gewöhnen. Die Insel ist wunderschön und bietet sehr viele Aktivitäten an, von Kultur über Natur und Feiern bis zu Strand und Shopping. Die Freizeit kann man fantastisch nutzen und den Winter in Stralsund umgehen.