Studium

Südkorea - Hankuk University of Foreign Studies (HUFS)

Studieren in einer Millionenstadt

Megan H., Leisure and Tourism Management, 6. Semester, 한국외국어대학교 (Hankuk University of Foreign Studies (HUFS)), Seoul Campus, Sommersemester 2021

Beweggründe

Für mich war schon während meiner Bewerbung für die HOST klar, dass ich mein Auslandssemester in Südkorea verbringen wollte. Mich fasziniert die Kultur, wie sie modernes und traditionelles verbindet, der Kollektivismus, die Buddhistischen Lehren, die Arbeitsmoral der Koreaner, die Musik, die Mode und die Liebe zur Ästhetik. Kurz nach meinem Abitur hatte ich bereits angefangen mir die Sprache selber beizubringen, was mich zusätzlich bestärkte nach Seoul zu gehen, um endlich richtig Koreanisch zu lernen.

Vorbereitung

Weil ich unbedingt nach Korea wollte und wusste, dass ich aufpassen musste, die richtigen Kurse nicht schon in Stralsund zu belegen, fing meine Planung schon im zweiten Semester an. Es war schnell klar, dass ich nicht als Freemover agieren wollte und deshalb die Hilfe von der Organisation Asia Exchange in Anspruch nehmen würde. Asia Exchange ist eine Organisation die mit Hochschulen und Unis zusammenarbeitet und den Austausch in (vor allem) asiatische Länder anbietet. Da ich als Erste von der HOST nach einigen Jahren nach Seoul ging, konnte ich leider nicht auf die Kursübersicht von vorherigen Studenten zurückgreifen und musste selbst die Kurse von der HUFS durchforsten. Es ist gar nicht so einfach auf ausländischen Uni Websites durchzusteigen. Für Asia Exchange bewarb ich mich dann im August/September 2020, und erhielt die Zusage noch am selben Tag. Die eigentliche Planung von Flug, Visum, etc. fand dann ziemlich gebündelt in einer stressigen Woche im Dezember statt. Asia Exchange fügt alle Austauschstudenten für das Semester einer Facebook Gruppe hinzu. Von da aus kreierten wir dann erst einen Whatsapp Chat, dann einen Discord Channel und schließlich diverse KakaoTalk Gruppen (das koreanische Whatsapp). So hilfreich es auch war, sich endlich mit Leuten in der gleichen Situation auszutauschen, es sorgte auch für sehr viel Stress und Panik.

So kam es dazu, dass ich innerhalb einer Woche überstürzt meinen Flug buchte, ein AirBnB für die obligatorische Quarantäne, meine Visumsunterlagen zusammensammelte und ausfüllte, einen Arzttermin vereinbarte und schließlich nach Hamburg zum Konsulat fuhr. Dazu muss gesagt sein, dass das alles in der Woche vor Weihnachten passierte. In einer Pandemie. Den Antrag konnte ich zu der Zeit noch nicht online stellen, dass wurde erst im Januar 2021 umgestellt. Also musste ich am 21.12 zum Arzt, um mir bescheinigen zu lassen, dass ich kein Corona hatte, und am 22.12.20 aus Stralsund nach Hamburg fahren.

Mein Visum konnte ich dann Mitte Januar abholen. Der ganze Visumsprozess hat sich zu dieser Zeit noch stark von Bundesland zu Bundesland unterschieden.

Vor dem Flug musste ich schon zwei Tage vorher zum Flughafen nach Hamburg, um einen PCR Test zu machen, so einer wird bei der Einreise benötigt. Ich würde behaupten, dieser Test ist DAS wichtigste Dokument überhaupt während der gesamten Einreise.

Die Sprache

Zum Zeitpunkt der Beginn meiner Reise konnte ich das koreanische Alphabet Hangeul (한글) lesen, schreiben und sprechen. Ich konnte einfache Sätze, und minimales Vokabular (Hallo, nein, danke, Ich mag Kuchen, Kühlschrank). Man sollte sich in Seoul nicht drauf verlassen, dass allzu viel auf Englisch ist, oder die Koreaner dich verstehen. In Universitätsnähe hat man jedoch Glück, vor allem weil die HUFS eine Sprachen-Uni ist. Aber man kommt nicht drum rum ein paar Ausdrücke zu lernen oder eine Übersetzungsapp zur Hand zu haben.

Einreise und Quarantäne in Mapo-gu

Bei der Einreise nach Südkorea im Februar 2021 war ein negativer PCR Test nötig. Ans Maskentragen sollte man sich übrigens frühzeitig gewöhnen, die trägt man überall- immer. In Incheon (Flughafen) wird dann die Körpertemperatur genommen und der PCR Test an die 5-mal kontrolliert. Wenn man eine Temperatur unter 37.4°C hat ist alles gut und man kann weiter zur Kontrolle von der Quarantäne Einrichtung, Immigration, Quarantäne-App installieren und so weiter. Es ist ein langer Prozess, viele Dokumente, viel in der Reihe stehen. Von dem Flughafen wurde ich dann direkt mit dem Taxi zu einem „Public Health Center“ in Mapo-gu gebracht. Gu’s, das sind die Bezirke, Dong’s sind die Distrikte. Die Officials haben nicht viel mit mir geredet, das ging alles eher wie am Fließband, noch ein paar Dokumente, PCR Test machen und zurück ins Taxi. Dann direkt zum AirBnB. Und dort bleibt man dann für 2 Wochen. Ich habe in der Zeit eine Hausarbeit geschrieben, mit den anderen Austauschstudenten geskypt und versucht, den Jetlag zu überwinden. Das Ganze war eine sehr seltsame Erfahrung, obwohl man weiß, dass man kein Corona hat, fühlt man sich wie ein Schwerverbrecher, vor allem da man ja durch die App kontrolliert wird. Als ich dann nach 2 Wochen an der Tür gewartet habe, bis es 12 Uhr wird, war mir ganz mulmig, wieder unter Menschen zu kommen, vor allem in einer fremden Millionen Stadt.

Wohnen in Dongdaemun-gu

Die Uni liegt in Dongdaemun-gu, genauer in Imun-dong und hat eine Vielzahl an Unterkünfte für Studierende in Campusnähe. Über Asia Exchange war ich zuerst im International House A untergebracht. Dort hat man Doppelzimmer und eine Zimmermitbewohnerin. Allerdings war mir das dann doch zu klein und zu wenig Privatsphäre. Durch andere Austauschstudenten bekam ich mit, dass im House C noch einige Zimmer frei waren. House C ist eigentlich den chinesischen Austauschstudenten vorbehalten, aber weil in diesem Semester weniger Chinesen gekommen waren, gab es noch Platz. So hatte ich das Glück ein schönes Doppelzimmer für mich allein zu ergattern. C liegt beinahe direkt hinter dem Campus und ist somit in guter Lage. Imun-dong ist ein guter Ort zum Leben, grundsätzlich sind Universitätsdistrikte immer sehr lebhaft. Direkt neben meinem Wohnheim liegt die Kyunghee University, und in der näheren Umgebung befinden sich noch die Korea National University of Arts und die University of Seoul. Deshalb gibt es im Umkreis viele Cafés, Restaurants und Norae Bangs (노래방 – Karaoke Räume).

Studieren an der HUFS

Studieren in Korea ist sehr anders als an der HOST. HUFS ist sehr viel verschulter. Attendance wird sehr eng gesehen, da ist nichts mit eben mal ausfallen lassen und essen gehen. Wenn man eine Vorlesung 3-mal nicht besucht, fällt man durch. Abgesehen davon hatte ich viele Assignments. Die waren nicht sonderlich schwer, aber leider zeitaufwendig. Man verbringt also doch schon viel Zeit in der Bibliothek oder den Cafés, um seine Aufgaben von der Woche zu erledigen. Manchmal sind es multiple choice quizzes, manchmal 500-Wörter Essays. Im Grunde finde ich das gar nicht so schlecht, weil man sich während des ganzen Semesters mit dem Stoff beschäftigt und nicht nur während der Prüfungsphase. Wenn man nicht zu viele Fächer nimmt (ich persönlich empfehle 4, maximal 6!), hat man trotzdem noch viel Zeit die Stadt zu erkunden. Grundsätzlich – vermutlich auf Grund des Kollektivismus‘ – wird in den Vorlesungen nicht so viel diskutiert wie in Deutschland. Viele Sachen werden einfach hingenommen, ohne sie zu hinterfragen, in meinem Marketing-Kurs zum Beispiel, sollten wir das Ethik Kapitel zwar lesen, aber es wurde nie thematisiert. Natürlich kommt es auf den Professor an, aber mir ist aufgefallen, wie wenig ich in einem Kurs lernte, weil sowohl Midterm- als auch Final Exam multiple choice Examen waren. Da die Fragen 1-zu-1 Sätze aus dem Buch waren, machte es wenig Sinn, sich selber eine Zusammenfassung zu schreiben, also habe ich stumpf die Sätze abgeschrieben.

Meine Vorlesungen waren alle auf Englisch und die Professoren halten sich wirklich daran kein Koreanisch zu sprechen, weshalb das Folgen von Vorlesungen kein Problem war.

Leben und Leute

Als Ausländer haben wir festgestellt, dass es ganz grob zwei Einstellungen von den Koreanern zu uns gibt. Entweder sie sind sehr interessiert an uns, starren uns in der Subway an und fragen, wo wir herkommen, sind aber auch sehr offen und freundlichen und helfen gerne oder wir interessieren sie nicht. Einige Austauschstudenten haben erzählt, dass sie negative Erfahrungen vor allem mit älteren Koreaner*innen in der Subway hatten, aber mir ist bisher noch nichts derartiges passiert.

Unsere Freizeit verbringen wir viel in Cafés. Korea ist berühmt für die Kaffeekultur. Allein zwei Minuten von meinem Wohnheim entfernt liegt direkt eine Straße mit an die 10 Cafés, eins schöner als das andere. Die Koreaner*innen legen viel Wert auf Ästhetik. Entsprechend sehen die Cafés, Kaffees und Desserts auch aus. Wer vorher keinen Kaffee getrunken hat wird es spätestens tun, wenn er/sie in Seoul lebt. Wenn wir nicht gerade in Cafés unsere Assignments prokrastinieren, sind wir viel mit der Subway unterwegs, um die Stadt zu erkunden. Beliebte Gegenden sind Hongdae und Itaewon. Hongdae fürs Shoppen und die Clubs und Itaewon für seine Bars. Der Hanriver lockt immer dann, wenn die Bars und Clubs um 10 Uhr zumachen. Dort kann man sitzen, neue Leute kennenlernen, die Lichter der Stadt bewundern, sich im Convenience Store Snacks und Getränke kaufen und die Nacht ausklingen lassen.

Normalerweise – so habe ich mir sagen lassen – ist Seoul eine 24/7 Stadt. Die Bibliothek ist normalerweise nie geschlossen, es gibt 24/7 Malls, das Nachtleben zieht sich bis in die Morgenstunden. Wegen Corona sieht das im Moment anders aus. Wir tragen überall Masken, alles bis auf die Convenience Stores schließt um 22 Uhr und die Bibliothek ist nur in der Prüfungszeit bis 23 Uhr geöffnet. Man darf nur maximal zu viert unterwegs sein, was manchmal etwas nervig war, vor allem wenn man neue Leute kennenlernen wollte. Aber alles in allem konnte ich die erste Hälfte von 2021 in Korea sehr viel freier leben, als ich es in Deutschland gekonnt hätte.

Wenn sich die Chance bietet, fahren wir aus Seoul raus und erkunden das Land. Außerhalb von Seoul gibt es viele Nationalparks und vor allem die Insel Jeju (das Hawaii von Korea) ist wärmstens zu empfehlen.

Essen

Als Veganerin ist es nicht ganz leicht in Korea, denn Koreaner*innen essen mit Vorliebe gerne viel Fleisch und Fisch. Ich habe mich deshalb entschieden, halb vegetarisch zu leben, heißt ich koche im Wohnheim vegan und esse vegetarisch, wenn ich mit Freunden essen gehe. Es ist eine Umstellung, aber für mich die beste Lösung. Obst und Gemüse kauft man am besten bei den kleinen Straßenhändlern, die haben mit Abstand die besten Preise und sind ziemlich freundlich, wenn sie merken, dass man wiederkommt.

Kosten

Ja, das Geld. Großes Thema für ein Auslandssemester. Seoul ist nicht billig. So viel erstmal vorweg. Wenn man sich für ein Auslandssemester in Seoul entscheidet, sollte das einem bewusst sein. Allein die Cafés fressen ordentlich Geld. Für ein Semester inklusive Flugs und Quarantäne komme ich etwa auf 8.000 €. Es kommt natürlich sehr auf den eigenen Lebensstandard an.

Tipps

  1. Wenigstens ein bisschen Koreanisch lernen, das hilft viel und man wirkt gleich höflicher.
  2. Roundtrip Flug buchen, manche haben so beide Flüge für 800 € bekommen.
  3. Die Koreanischen Durchschnittsgrößen googlen, wenn man am Ende der Scala ist, lieber ein paar mehr Hosen mitnehmen oder man läuft nur mit Hochwasser Hosen rum.
  4. Verlässliche Kreditkarte (NICHT Sparkasse! DKB ist z.B. gut.) und etwas Bargeld mitnehmen.

Fazit

Südkorea ist ein unglaublich facettenreiches Land. Man findet plötzlich, mitten in der Stadt Wanderwege (Seoul ist sehr hügelig), Moderne und Tradition teilen sich die Straßen. Tempel neben Wolkenkratzern. Die Koreaner*innen sind alles in allem unglaublich freundlich und zeigen einem gerne ihre Gegend. Es gibt so viel zu entdecken in Seoul, dass ein ganzes Leben wohl nicht reichen würde. Ein Semester kann da nur an der Oberfläche kratzen. Meine ersten Monate in Seoul waren nicht ganz einfach. Für mich war es das erste Mal in Asien, das erste Mal allein unterwegs. Man braucht seine Zeit, um sich an alles zu gewöhnen. Aber wenn man sich eingefunden hat, ist es unglaublich bereichernd und schön. Ein Semester Seoul war mir nicht genug, deshalb habe ich mich bereits im April entschieden, ein ganzes Jahr in Seoul zu bleiben. Ich bin mir sicher, dass ich meine Entscheidung nicht bereuen werde.