„Die jüdischen Kaufmannsfamilien in Stralsund“

Ausstellung eröffnet am Jahrestag der Novemberpogrome im Auditorium maximum, thematisiert Familien- und Firmengeschichte sowie die Enteignungen.

Am 9. November 2021 wird in der Hochschule Stralsund (HOST) die Ausstellung „Die jüdischen Kaufmannsfamilien in Stralsund“ des Fördervereins Historische Warenhäuser Wertheim und Tietz in Stralsund eröffnet. An diesem Tag jähren sich die Schreckensszenarien der Novemberpogrome von 1938. Die von der NS-Diktatur gelenkten, gewaltsamen Übergriffe auf jüdische Menschen in Deutschland und Österreich, hatten dabei auch die Intention, die Zwangsenteignung jüdischer Unternehmer, generell jüdischen Besitztums und damit die „Arisierung“ zu beschleunigen. In Stralsund hatte sie die jüdischen Geschäftsmänner Georg Wertheim und Alfred Leonard Tietz längst getroffen. Schon 1933 firmierte die Leonhard Tietz AG notgedrungen unter Westdeutsche Kaufhof AG. Wertheim hatte in Anbetracht des reichsweiten Boykotts gegen jüdische Geschäfte seiner nicht jüdischen Frau sein gesamtes Vermögen geschenkt. 1938 wurden die beiden nach 32 Ehejahren zur Scheidung gezwungen. Er starb im selben Jahr.

„Die Geschichte der Novemberpogrome und Enteignungen ist eine Geschichte, die uns auch heute noch fast sprachlos macht und fassungslos zurücklässt. Wir erhoffen uns, dass unsere Studierenden, wie aber auch Mitarbeitenden und Professor*innen die Ausstellung, die zu diesem schicksalhaften Tag eröffnet, zum Anlass nehmen, sich abermals mit einem dunklen Kapitel deutscher Geschichte auseinanderzusetzen und sich mit ihr aber auch die Zeit nehmen, die eindrucksvolle Geschichte der jüdischen Kaufmannsfamilien in Stralsund zu ergründen und damit ein wertvolles Stück Geschichte“, so Rektorin Prof. Dr. Petra Maier. „Wir sind stolz darauf, die Ausstellung „Die jüdischen Kaufmannsfamilien in Stralsund“ bei uns in der Hochschule zeigen zu dürfen und damit zur Erinnerungskultur beizutragen“.

Vom 9. bis zum 23. November 2021 wird die Ausstellung „Die jüdischen Kaufmannsfamilien in Stralsund“ im Auditorium maximum zu sehen sein. Mehr als zehn großformatige Roll-ups beleuchten die Familien- und Firmengeschichte prägender Kaufmannsfamilien, wie Wertheim, Tietz, Blach und Cohn. „Stralsund ist durch sie die Wiege der deutschen Warenhauskultur, hier nahm die wechselvolle Geschichte der großen deutschen Warenhäuser Wertheim und Kaufhof ihren Anfang“, erklärt Prof. Dr. Klotz, der nicht nur der erste Vorsitzende des ausstellenden Fördervereins Historische Warenhäuser Wertheim und Tietz in Stralsund ist, sondern auch BWL-Professor der HOST. Diese Geschichte an einer Hochschule mit einer Wirtschaftsfakultät zu thematisieren, sei eigentlich unerlässlich, sagt er. Mit Nadine Garling und Christine Klotz hat er die Ausstellung 2018 kuratiert und seitdem wachsen lassen. Zugrunde liegen historische Fotografien aus dem Bestand des Vereins und dem Stadtarchiv sowie sorgfältige aufbereitete Informationen. Erst jüngst ergänzte sich ihr Wissen um den Fakt, dass der jüdische Architekt des Erholungsheims für die Mitarbeiter*innen von Leonhard Tietz derselbe war, der das geschichtsträchtige und bis heute erhaltene Warenhaus in der Ossenreyerstraße baute – Georg Falck. Die Ausstellung ist durch die Stiftung für Ehrenamt und bürgerschaftliches Engagement in Güstrow sowie durch Spenden der beiden IT-Unternehmen adesso SE und affinis GmbH, die Niederlassungen in Stralsund betreiben, gefördert worden.