Studiengang BWL: Zurück aus der Praxisphase
Nachbereitung Praktikum im Studiengang Betriebswirtschaftslehre. Der Dichter Hermann Hesse kommt zu der Erkenntnis, dass „die Praxis das Ergebnis des Nachdenkens sein (solle), nicht umgekehrt.“ Ob er damit Recht hat, kann man gut erkennen, wenn man den Studierenden zuhört, die über ihr Praktikum nach Beendigung der Praxisphase berichten.
In diesen Tagen habe ich die Freude gehabt, viele unserer Studentinnen und Studenten im Rahmen der Veranstaltung „Nachbereitung des Praktikums“ nach langer Zeit wiederzusehen. Es war sehr interessant, welche Erfahrungen unsere Kommilitonen bei Unternehmen wie Bosch, KPMG, Comdirect, Volkswagen und vielen anderen Arbeitgebern gemacht und untereinander geteilt haben. Mir als Professor, der Studierende über einen längeren Zeitraum beobachtet, fällt immer wieder auf, dass unsere Studis durch das Praktikum reifen. Es ist insbesondere zu erkennen, dass die Inhalte des Studiums in einem neuen Licht gesehen werden. Was noch in den ersten Semestern häufig als „notwendiges Übel“, das gelernt werden muss, um Prüfungen zu bestehen, gesehen wird, entpuppt sich auf einmal als äußerst praxisrelevant.
In diesem Semester hatten es unsere Praktikanten besonders schwer: aufgrund der Pandemie hatten nur wenige die Chance, in einem Unternehmen zu arbeiten, in dem man täglich die Kollegen sieht. Stattdessen verbrachten viele die Zeit im Homeoffice, ausgestattet mit Dienst-Laptop und Webcam. Insofern war es auch nicht verwunderlich, dass sich alle Studis während der Nachbereitung wie selbstverständlich vor der Webcam zeigten - ein Verhalten, das bei Studis selbst bei Diskussionsrunden während der Lehrveranstaltungen eher die Ausnahme ist. Man sieht deutlich, wie das Praktikum dazu beiträgt, dass Studentinnen und Studenten an Professionalität hinzugewinnen. Alle haben an interessanten Projekten gearbeitet, die teilweise Aufgaben mit sich brachten, deren Erledigung man sonst eher von Festangestellten erwartet. Dies zieht sich durch wie ein roter Faden, ganz gleich, ob in den Abteilungen Controlling, Personalwesen, Marketing, Steuern oder Finanzen.
Leider gelingt es mir nicht, jüngere Studentinnen und Studenten für eine Teilnahme an der Veranstaltung zu begeistern. Zwar spreche ich stets Einladungen aus, einfach einmal dabei zu sein und zuzuhören, was die „Älteren“ zu erzählen haben. Dieses Angebot wird aber nur von wenigen angenommen. Das ist schade, denn die „Siebtsemester“ haben viel Spannendes zu berichten.
Ich habe unsere Siebtsemester gebeten, in einem Satz eine „Message in a Bottle“ für ihre jüngeren Kommilitonen zu hinterlassen. Diese liste ich unten auf und hoffe, dass Sie diesen Ratschlägen einige interessante Tipps entnehmen. Danke an die Praktikanten für diese Ratschläge.
- „Für ein interessantes und lehrreiches Praktikum im Steuerbereich muss man nicht zu einem der Big Four gehen.“ (Julia, Schwerpunkt: Steuerlehre)
- „Viele Unternehmen haben leider nicht die Gegebenheiten, jungen zukünftigen Absolventen einen Praktikumsplatz anzubieten. Und da alle in einem relativen gleichen Zeitraum ein Praktikum suchen, sollte man sich schon im Laufe des Studiums rechtzeitig einige Gedanken machen, in welche welche Richtung und bei welchen Unternehmen das Pflichtpraktikum gehen soll.“ (Agneta, 7.Semester Marketing)
- „Man sollte sich auf keinen Fall von den Forderungen in den Stellenausschreibungen abschrecken lassen, Chancen sind trotzdem da. Von Anfang an aktiv ins Team einbringen und auch die Chance nutzen, sich mit anderen Abteilungen und Kollegen auszutauschen, um auch andere Perspektiven zu erleben.“ (Rabea, 7. Sem. Marketing)
- „Ich würde nur Stellen annehmen, bei denen ich ein gutes Bauchgefühl habe. Stellen, bei denen ich mit den Arbeitsbedingungen zufrieden bin und bei denen ich nach den Bewerbungsgesprächen Lust hatte, im Unternehmen zu arbeiten. Auch, wenn man länger suchen muss und vieleBewerbungen abschickt, wird es sich lohnen. Denn drei oder sogar sechs Monate Praktikum können eine lange Zeit sein, wenn man nicht zufrieden ist."
- „Jüngeren Kommilitonen würde ich als erstes raten, dass sie das Praxissemster auf jeden Fall nutzen sollten! Selbst wenn sie bereits Praxiserfahrungen besitzen ist dies auch eine gute Möglichkeit um im Anschluss des Praktikums ein Jobangebot zu erhalten und weitere Kontakte in die Unternehmenswelt zu knüpfen. Ich würde auf jeden Fall empfehlen, früh genug mit der Suche nach einem Praktikumsplatz zu beginnen um sich auch rechtzeitig bewerben zu können. Bei großen Konzernen sind einige Stellen bereits ein Jahr im voraus ausgeschrieben.“
- „Wenn ich nur einen Ratschlag an „jüngere“ Kommilitonen geben könnte wäre es der sich frühzeitig Gedanken zu machen, in welche Richtung man im Praktikum und damit auch perspektivisch nach dem Studium gehen möchte. Damit meine ich nicht sich auf einen Beruf oder einen bestimmten Werdegang von vornherein festzulegen. Vielmehr sollte man sich schon während des Studiums ausprobieren, um zu gucken, was einem liegt. Dabei zählt vor allem die Praxis: ein Praktikum in den Semesterferien, Werkstudententätigkeit, Projekte über die Hochschule oder Engagement in einem studentischen Verein helfen relevante Erfahrung zu sammeln.“
- "Meines Erachtens ist es äußerst wertvoll ein Praktikum im ausgewählten Schwerpunkt zu absolvieren. Ich würde es jedem Kommilitonen ans Herz legen. Durch diese Zeit werden nicht nur die bereits erlernten Fähigkeiten und theoretischen Kenntnisse verfestigt, sondern man erlangt die Möglichkeit, diese in der Praxiswelt umzusetzen. Hierbei geht es nicht nur darum Theorie und Praxis zu verbinden oder herauszufinden, ob es die richtige Wahl des Schwerpunktes war, man bekommt gegebenenfalls zukunftsorientierte Perspektiven aufgezeigt oder findet bereits den zukünftigen Arbeitgeber. Kommilitonen, die ebenfalls gerne regional bleiben würden, rate ich stets die zuständigen Verbände oder Kammern zu kontaktieren. Viele Unternehmen lassen sich dort für Praktikantenstellen vermerken und vermitteln gegebenenfalls sogar auf Nachfrage Kontakte mit den Unternehmen. Zudem sollte man einen kleinen Betrieb nicht unbedingt ausschließen, denn dort kann man häufig schneller integriert werden und die Einarbeitungsphase verkürzt sich dadurch."
Allen, die das Studium bis hierhin geschafft haben, wünsche ich nun viel Erfolg beim Verfassen der Bachelorarbeit.
Schönes Wochenende, bleiben Sie gesund.